Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 66

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kann denn das bedeuten? Heißt das: Verlegen wir die Tarifverhandlungen auf die betriebliche Ebene oder schaffen wir sie besser gleich ganz ab!? Da ist aber auch die Rede von Massenentlassungen. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) – Das nennen Sie Reformen, Herr Finanzminister?! – Das nenne ich ein Diktat A, ange­trieben von Herrn Schäuble, das Griechenland nicht aus seiner Situation herausführen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.15


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Rossmann soeben einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Eva Glawischnig Piesczek; Werner Kogler, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ja zur Hilfe der griechischen Bevölkerung – nein zur Fortsetzung der krisenverschärfenden Wirtschaftsdiktate

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten über den Antrag des Bundesministers für Finanzen aufgrund besonderer  Dringlichkeit gemäß § 74d Abs. 2 GOG-NR auf Ermächtigung zur Zustim­mung zu einem Vorschlag des ESM nach Art. 13 Abs. 2 ESM-Vertrag, der Helleni­schen Republik grundsätzlich Stabilitätshilfe in Form einer Finanzhilfefazilität zu gewäh­ren (58/BAESM und Zu 58/BAESM/778 d.B.)

Begründung

Die bisherigen Antworten zur Lösung der Griechenlandkrise sind gescheitert. Die insgesamt sechs Ausgabenkürzungs- und Steuererhöhungspakete seit 2010 haben in Griechenland zu schweren sozialen und humanitären Verwerfungen geführt, wie es sie seit der Weltwirtschaftskrise 1929 in Europa nicht mehr gegeben hat: Die Arbeitslosen­quoten sind dramatisch gestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit ist sogar auf ca. 50 Pro­zent angestiegen. Die Auswirkungen im Gesundheitssystem sind fatal: Die Kinder­sterblichkeit ist um 40 Prozent gestiegen. In unzähligen Krankenhäusern herrscht Aus­nahmezustand, sogar Handschuhe, Schmerzmittel und Desinfektionssprays fehlen. 40 Prozent der griechischen Bevölkerung sind nicht krankenversichert, ihnen fehlt der Zugang zur ärztlichen Versorgung.

Durch diesen verfehlten Austeritätskurs, der schon bisher vom deutschen Finanz­minister Wolfgang Schäuble maßgeblich vorangetrieben wurde und deren oberstes Ziel die Haushaltskonsolidierung um jeden Preis ist, wurde die Krise immer weiter verfestigt. Seit 2010 ist die griechische Wirtschaftsleistung um ca. 25% eingebrochen. Das Spardiktat verfolgte das Ziel die Schulden abzubauen. Genau das Gegenteil ist eingetreten, die Staatsschuldenquote wird laut der Prognose der Europäischen Kom-mission einen neuen Höchststand von über 180% des BIP erreichen. Nach aktua­lisierten Berechnungen des Internationalen Währungsfonds wird sie 2018 sogar bei rund 200% des BIP liegen. Damit ist ein Wert erreicht, bei dem Griechenland die Schulden nicht tragen und gleichzeitig wieder auf eigene Beine kommen kann.

Ungeachtet dessen wird in der Eurogipfel-Erklärung vom 12. Juli 2015 Griechenland die Fortsetzung genau jenes Spardiktats aufgezwungen, das in den letzten Jahren das Land in eine tiefe Rezession geführt hat. Treibende Kraft hinter diesem Spar- und Kürzungsdiktat war einmal mehr der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Bereits vor der Aufnahme von Verhandlungen zum dritten Hilfspaket mussten im


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