Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll89. Sitzung / Seite 72

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zweiflung und die furchtbaren Fluchtbedingungen. Es kann nicht sein, dass Mafia-Kö­nige, die am Ende oder am Anfang dieser Kette stehen, sich mehr als eine goldene Nase am Elend, an der Hoffnung und manchmal leider auch an der enttäuschten Hoff­nung und am Tod von Menschen verdienen und daraus Profit schlagen. Dafür braucht es einen Kampf, einen entschiedenen Kampf gegen das Schlepperunwesen, einen Kampf und eine Verfolgung der Hintermänner in diesem Zusammenhang, aber auch gleichzeitig eine europäische Regelung, die Dublin neu aufsetzt. Denn es zeigt sich, dass die Dubliner Flüchtlingsvereinbarung es nicht schafft, das zu lösen, wozu sie an­getreten ist. Wir müssen Dublin neu aufsetzen und auch daran arbeiten, wie die Men­schen in den Regionen an legale Asylgründe und an legale Einreisemöglichkeiten kom­men können. (Beifall bei der SPÖ.)

In Österreich bewegt dieses Thema viele Leute. Und ich verstehe, dass sich viele Men­schen auch fragen: Was wird auf uns zukommen?, Wie können wir das bewältigen?, wobei sich bei jenen Personen, die sich fragen: Wie bewältigen wir das?, gleichzeitig auch eine Welle des Mitgefühls entwickelt und zum Ausdruck kommt.

Gestern waren bei einer Demonstration, die eine Dame über Facebook initiiert hat, spontan 20 000 Leute in Wien unterwegs, die für einen humanen, sinnvollen Umgang mit den Flüchtlingen eingetreten sind, genauso wie auch der Stephansdom beim Ge­denkgottesdienst bis auf den letzten Platz voll war. Allein das zeigt, dass dieses Thema die Österreicherinnen und Österreicher emotional bewegt, es zeigt aber gleichzeitig auch, dass sehr viele in unserem Land auch daran interessiert sind, dass wir dieses Problem auf humanem Weg auch lösen.

Österreich hat solche Probleme auch in der Vergangenheit gelöst. Wir werden ge­schätzt aufgrund unserer Solidarität und unseres humanen Umgangs. Seit dem Jahre 1945 haben wir beispielsweise die Ungarn-Krise im Jahre 1956 mit 180 000 Leuten in unserem Land perfekt bewältigt, ebenso den Prager Frühling, als im Jahr 1968 160 000 Leute aus der Tschechoslowakei nach Österreich geflohen sind, obwohl in beiden Fällen Österreich viel, viel ärmer war, als es heute ist. Aber auch jüngst beim Bosnien-Krieg hat sich gezeigt, dass Österreich 60 000 Leute gut unterbringen konnte.

Nun stehen wir wieder vor diesen Herausforderungen, und wir müssen eben schauen, dass wir menschenwürdige Unterkünfte für die Schutz suchenden Menschen, und zwar gerecht aufgeteilt auf Österreich, auf alle Bundesländer, auf möglichst alle Bezirke und Gemeinden, zustande bringen.

Dieses Verfassungsgesetz für die gerechte Aufteilung von Asylsuchenden ist ein wich­tiger Schritt. Ich möchte nur noch einmal kurz zusammenfassen: Es soll sichergestellt werden, dass menschenwürdige und winterfeste Unterkünfte rasch zur Verfügung ge­stellt werden. Das Gesetz wird nur dann angewandt, wenn das jeweilige Bundesland seine Quote, die es freiwillig eingegangen ist, nicht selbständig erfüllt. Und das Gesetz stellt auch klar, dass zum Beispiel Zelte, Obdachlosigkeit oder nicht winterfeste Quar­tiere nicht in die Quote einzurechnen sind.

Wirkt das Gesetz erst ab 1. Oktober, wenn es in Kraft treten soll, oder schon vorher? – Allein seit der Ankündigung dieses Gesetzes hat sich die Situation deutlich verbessert und entspannt. Die Bundesländer konnten 3 000 zusätzliche Plätze von selbst zur Ver­fügung stellen. Ich möchte auch alle, die dieses Gesetz kritisieren, darauf hinweisen, es ist zunächst als befristetes Gesetz angelegt, weil es genau für diese Notsituation, in der wir uns jetzt befinden, auch eine Möglichkeit geben soll.

Wenn wir vergleichen, von Mai bis Juli haben wir im Schnitt monatlich 2 000 Quartiere geschaffen, seit August, seit der Ankündigung 3 000 Quartiere monatlich. Und es sind auch viele, die bei der Quote ganz schwach gewesen sind, inzwischen im August we­sentlich herangerückt, zum Beispiel das Bundesland Kärnten von 94 auf 98 Prozent, Vorarlberg von 93 auf 99 Prozent. Im Schnitt, wenn man jetzt Wien und Niederöster-


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