Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll89. Sitzung / Seite 112

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die Angelegenheit im Verfassungsausschuss besprochen wird –: Ich finde unsere Verfas­sung ausgesprochen gut, weil da die Zuständigkeiten und die Machtbalance entsprechend aufgeteilt sind.

Aber das Ganze funktioniert nur dann, wenn alle immer mit einem gemeinsamen Willen zusammenarbeiten wollen. In dem Moment, wo einer nicht mehr zusammenarbeiten will oder seine Zusammenarbeit lediglich auf die Befugnisse, die er hat, beschränkt, ist die Zusammenarbeit nicht mehr möglich.

Daher hat die Innenministerin schon vor dem Sommer darauf aufmerksam gemacht: Wir müssen die österreichische Bundesverfassung hier abändern, um das Problem ei­ner Lösung zuzuführen, wenn es nämlich darum geht, die vielen Flüchtlinge, die hier­her kommen, in der Erstversorgung unterzubringen, nicht in Zelten, nicht in der Ob­dachlosigkeit, sondern sie einem ordentlichen Verfahren zukommen zu lassen. Es war daher recht und billig, dass sie das gefordert hat.

Es hat nun einige Monate gedauert, aus meiner Sicht zu lange, aber das ist der Preis für die Demokratie. Demokratie bedeutet, dass wir alle zusammenstehen müssen und dass wir gemeinsam solche Lösungen finden. Die Regierungsparteien alleine sind nicht in der Lage, eine solche große Reform zu machen, es bedarf dazu immer der Stimmen einer Oppositionspartei, weil es Verfassungsgesetze sind. Das sage ich jetzt nicht Ihnen, sondern vor allem den Zuseherinnen und Zusehern, weil sie sich sehr oft wundern, warum manche große Reformen nicht schneller durchgeführt werden.

Es ist daher eine Chuzpe, wenn die FPÖ sagt, sie stimmt heute dieser Lösung nicht zu, obwohl sie weiß, dass es zur Lösung des Problems beiträgt. Das zeigt Ihre Verlogen­heit im System. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie sind immer dagegen und wollen keine Lösung im System. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Darmann: Herr Präsident! Das Wort „Verlogenheit“ ist einen Ordnungsruf wert!) – Wenn Sie sich an dem Wort „Verlogen­heit“ stoßen, dann nehme ich das gerne zurück.

Aber ich möchte Ihnen eines sagen: Bei der gestrigen Gedenkmesse im Stephansdom hat eine Partei gefehlt: Das war die FPÖ. Sie war mit keinem einzigen Repräsentanten bei der Gedenkveranstaltung für die 71 Toten, die in dem Kühlwagen umgekommen sind. (Abg. Darmann: Dafür hat Ihr Klubobmann Lopatka Fotos aus der Kirche gepostet!)

Ich hätte mir zumindest einen von Ihnen erwartet, die Sie manchmal vorgeben, die christ­lichen Werte hochzuhalten. Sie haben sich gestern, glaube ich, selbst entlarvt, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Ich glaube, es wäre gut, wenn Sie hier zusammenstehen würden. Wenn es solche Pro­blemlagen gibt, dann heißt es, zusammenzustehen und nicht hier zu sagen, Sie for­dern ein Begutachtungsverfahren, damit das Problem erst in zwei Monaten gelöst wer­den kann. Ihr Vorschlag heute, ein Begutachtungsverfahren einzuleiten, bedeutet, dass Sie das Problem nicht lösen wollen, nicht vor dem Winter lösen wollen, nicht dann, wenn es die Menschen benötigen, sondern Sie würden es später machen.

Meine Damen und Herren, das ist nicht die Art und Weise, wie sich die Bundesregie­rung das vorstellt, das ist nicht die Art und Weise, wie Bundeskanzler und Vizekanzler das heute erklärt haben, und das ist nicht die Art und Weise, wie die Innenministerin mit Flüchtlingen umgeht. (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Das ist nicht der Menschlich­keit entsprechend, wie Sie von der FPÖ sich verhalten.

Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber Sie haben meinen Respekt verloren. In dem Moment haben Sie meinen Respekt verloren, als Sie gesagt haben, Sie wollen die Europäische Menschenrechtskonvention ändern, und zwar in dem Sinne, dass Sie nur mehr bestimmten Menschen die Menschenwürde zugestehen wollen. (Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Stimmt ja nicht! – Abg. Darmann: Behaupten Sie doch nicht so etwas! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) 

 


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