Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll89. Sitzung / Seite 130

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in dieser Situation beherzt reagiert haben und dort innerhalb kürzester Zeit Hilfs- und Un­terstützungsstrukturen aufgebaut haben, die ihresgleichen suchen. Später sind auch die ÖBB und die Caritas hinzugekommen und haben unterstützt. (Beifall bei den Grünen.)

Alle Supermärkte rund um den Westbahnhof sind innerhalb kürzester Zeit leergekauft gewesen, weil diese Menschen – privat – alles aufgekauft haben, was an Wasser, an Obst, an Windeln, an Babynahrung zu haben war. Dasselbe ist in Linz passiert, auch in Salzburg, solange die Leute noch dorthin gekommen sind.

Mehr als 50 DolmetscherInnen waren am Westbahnhof und haben den Flüchtlingen er­klärt, wie die Lage ist, dass sie in Österreich sicher sind, dass sie nach Deutschland weiterfahren dürfen, wo sie hinwollen. Und das ist dann auch so passiert. Viele sind am Westbahnhof gestrandet. Es haben mehrere Hundert Flüchtlinge heute Nacht dort über­nachtet – auch dort ohne Unterstützung von staatlicher Seite, sondern mit großem En­gagement der ÖBB, der Caritas und ganz vieler HelferInnen.

Um 2 Uhr in der Früh sind wir zum Hauptbahnhof gefahren, weil dort auch einige ge­strandet sind, und ich habe dann mit einem Syrer geredet, Mitte zwanzig wahrschein­lich, der mir auf seinem Handy die Fotos von seiner zwei Monate alten Tochter gezeigt hat. Er hat die Geburt bei seiner Frau abgewartet und ist dann so schnell wie möglich nach Europa aufgebrochen, um seine Familie zu retten. Er möchte nach Amsterdam, weil dort die Familienzusammenführung schneller geht, das glaubt er. Er sagte, er kann nicht zwei Jahre warten, bis er seine Tochter wiedersieht. Er sagte: There is no life in Syria! – Es gibt kein Leben in Syrien! Er ist in Todesangst und hat diese ganzen Risi­ken auf sich genommen, um hierher zu kommen.

Von den 3 600 Flüchtlingen, die gestern durch Österreich gefahren sind oder hier über­nachtet haben, haben nicht einmal zehn um Asyl in Österreich angesucht. Die Bilder aus Traiskirchen, die Situation, die absolut unmenschliche Unterbringung, die Obdach­losigkeit hat sich herumgesprochen. Österreich gilt unter den Flüchtlingen nicht als soli­darisches Land; sie wollen weiterreisen.

Wenn die österreichische Regierung, wenn die Politik, wenn wir alle so solidarisch agieren würden wie die Menschen, die gestern am Westbahnhof und am Hauptbahn­hof und auch an allen anderen Bahnhöfen geholfen haben, wenn alle so solidarisch wä­ren wie die 20 000 DemonstrantInnen, die gestern in Wien demonstriert haben, oder die 3 000 in Linz – heute Abend werden es 1 000 in Innsbruck sein –, wenn wir alle so beherzt agieren würden, dann hätten wir nicht mehr die Notwendigkeit, von einer Flücht­lingskrise zu sprechen.

Die Voraussetzung für diese Hilfe ist aber, dass die Leute überhaupt legal nach Öster­reich kommen können – und das ist nicht der Fall. Der Korridor von Ungarn nach Ös­terreich ist seit Stunden wieder geschlossen. Die Polizei hat in Ungarn, in Budapest den Bahnhof geräumt, die Menschen können wieder den Bahnhof nicht mehr verlas­sen, sie stecken dort fest. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sie vollziehen die Gesetze!)

Wir müssen legale Wege für die Einreise nach Europa, auch für die Einreise nach Ös­terreich schaffen, damit die Leute bei uns ankommen.

Aus diesem Grund möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Men­schen schützen, legale Einreise ermöglichen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

 


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