Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 54

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die selber Schulleiterin ist, die die Schuleingangsphase jetzt gleichfalls hinter sich hat: Es ist frappierend und zunehmend erschreckend, wie stark der Entwicklungsunter­schied zunimmt, und zwar nicht nur bei den ganz Begabten, also den Kindern, die gut entwickelt, gut gefördert und gut vorbereitet sind, sondern auch bei denen, die das eben nicht haben, die große Defizite haben. Und das ist dieser Rucksack, wie ich das immer beschreibe, den die Kinder aus unterschiedlichen Bereichen mitnehmen, den un­ser Schulsystem bisher nicht in der Lage war in den Pflichtschuljahren abzubauen.

Diese drei Jahre Entwicklungsunterschied im Bereich Konzentration, im Bereich Spra­che/Sprechen, im Bereich Motorik, kognitive Denkweise kann man am besten zeigen – darum zeige ich dieses Bild immer sehr gerne her –, am besten wird es für alle sicht­bar, die täglich mit dem Problem zu tun haben, am besten also zeigt es sich an Zeich­nungen, aber das gilt auch bei der Sprache, das gilt bei der Konzentration und auch sonst überall.

Wenn Sie bei der Schuleinschreibung Kinder mit Schulreife, also Kinder, die zum Be­such der Schule vorgesehen sind, die das Schulalter haben, vor sich haben, dann ist das (der Redner hält eine vergrößerte Kopie einer Kinderzeichnung in die Höhe) eine durchschnittlich gute Zeichnung, wenn man einem Kind sagt, es soll einen Mann oder eine Frau zeichnen und das verzieren. Das ist das, was man erwarten kann – wie ge­sagt, das ist nur ein bildlicher Ausdruck für viele andere Entwicklungsbereiche.

Und ein gleich altes Kind, es ist sogar einen Monat älter, zeichnet dieses Bild (der Red­ner hält neuerlich eine vergrößerte Kopie einer Kinderzeichnung in die Höhe) – mit der­selben Themenstellung, von ihm selbst gezeichnet, zirka drei Jahre –: einen Kopffüß­ler. Diese Entwicklungsunterschiede sind in allen Bereichen gegeben, wenn die Kinder zu uns in die Schule kommen, und daher ist es ganz wichtig – und darüber freue ich mich –, dass einer der Hauptpunkte auch im Regierungsprogramm die Frage ist, wie man diese Schuleingangsphase, wie man die Frühförderung verbessern kann.

Ich weiß um die Kompetenzprobleme, dass die Frühförderung Sache der Länder ist und dass wir alles tun müssen und Gott sei Dank auch schon erste Schritte im Bereich der PädagogInnenausbildung gesetzt haben, dass man da erste entsprechende Lehr­stühle hat, sodass man diesbezüglich auch entsprechend voranschreiten kann und dass mittel- und langfristig auch Frühpädagogen vorgesehen sind, die dort ansetzen kön­nen, wo die Entwicklungsdefizite sind. Es ist nämlich nachgewiesen, und zwar nicht erst durch die Hirnforschung, dass man da durch – unter Anführungszeichen – „spiele­rische“ Übungen – nicht durch Verschulung, sondern durch spielerische Übungen! – Ent­wicklungsrückstände fast problemlos abbauen kann. Während ich mit zehn, elf Jahren ein paar Jahre Logopädie brauche, bis ich Sprach- und Sprechfehler wegbekomme, kann ich das da problemlos machen. Es ist aus unserer Sicht ganz, ganz wichtig und zentral, dass wir alles tun, um die Möglichkeiten zu verbessern, dass die Kinder einen möglichst optimalen Schulstart haben, und wenn sie den nicht haben, dann auch mög­lichst optimal gefördert werden.

Unser Ziel ist Folgendes – das möchte ich zum Schluss noch einmal herausstreichen –, und das ist auch das Ziel bei allen Maßnahmen, die wir jetzt von meinen Vorrednerin­nen gehört haben und die wir auch gemäß unseren Programmen umsetzen wollen: Es gilt, Schwächere zu fördern und Stärkere zu fordern. Wir wollen alles tun, damit kein Kind auf der Strecke bleibt und dass es jedem Kind möglich ist, nach seinen indivi­duellen Begabungen und seinem Leistungsvermögen seinen Lebensweg, wie er für ihn oder sie angepasst ist, zu gehen.

Wie heißt es so schön? – Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.38

 


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