Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 55

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Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jank zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


9.38.30

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Minis­terin, ich unterstreiche alles, was Sie gesagt haben, trotzdem denke ich, dass man zu Schulbeginn vielleicht auch einen grundsätzlichen Blick auf das System werfen darf.

Für mich ist klar, dass es für uns in einer hoch entwickelten Demokratie, wo Aus- und Weiterbildung eine zentrale Grundlage von politischer und gesellschaftlicher Verant­wortung ist, selbstverständlich sein muss, dass alle, die hier leben, auch jene, die zur­zeit als Flüchtlinge und Asylwerber zu uns kommen, das richtige Angebot erhalten müs­sen und auch erhalten werden.

In unserem Ausbildungssystem ist vieles gut, das heißt aber nicht, dass nicht vieles noch besser werden kann. Wir können sicher nicht akzeptieren, dass 20 Prozent der 15-Jährigen nicht sinnerfassend lesen können, von der Lösung einfacher Rechenauf­gaben, wie wir sie aus vielen Beispielen von Firmen-Aufnahmetests kennen, ganz zu schweigen. Wir können auch nicht akzeptieren, dass rund 4 Prozent aller Jugendlichen zwischen 15 und 24 keinen Pflichtschulabschluss haben, und wir können auch nicht weg­schauen, wenn viele Jugendliche keine Lehrstelle erhalten, weil sie nicht ausbildungs­fähig sind.

Dass diese Zahlen steigen könnten, wenn es uns nicht gelingt, Kindern von Asylwer­bern – und nicht nur diesen – von Beginn an und bedingungslos Deutsch beizubrin­gen – und zwar Deutsch in Sprache und Schrift; viele kommen ja aus einer Kultur mit nicht lateinischer Schrift –, das liegt auf der Hand, daher: besser frühzeitig investieren als später teuer reparieren! Das funktioniert aber sicherlich nicht nach dem – und die­sen Eindruck habe ich halt manchmal – Motto: one fits all. Um Chancengerechtigkeit zu haben, braucht es ein vielfältiges Angebot, es braucht einen Wettbewerb nach oben und nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner. Kinder müssen gefördert werden, keine Frage, aber Kinder wollen auch gefordert werden.

Im Regierungsprogramm und mit der Einsetzung der Bildungsreformkommission hat sich die Regierung zur Weiterentwicklung unseres Schulsystems bekannt und – wie ich meine – verpflichtet; ich erwarte mir daher auch mutige Ergebnisse. Ein zentraler Punkt in dieser Bildungsreformkommission und bei der Schulreform muss aus meiner Sicht der Ausbau der schulischen Autonomie sein – Autonomie in personeller, pädagogi­scher, organisatorischer und budgetärer Hinsicht. Dass uns das gelingen wird, ist si­cherlich eine große Herausforderung, aber wenn wir es gar nicht versuchen, werden wir es auch nicht schaffen können.

Aus internationalen Vergleichen wissen wir, dass überall dort eine qualitativ hochste­hende Bildung gelingt, wo kompetente Pädagoginnen und Pädagogen eigenverant­wortlich – eigenverantwortlich! – an der Umsetzung vorgegebener Bildungsziele ar­beiten. Die Schulleitung muss autonom entscheiden können, welche LehrerInnen in ei­nem Team sein sollen, sie muss die Kompetenz über Personaleinstellung und Perso­nalentwicklung haben.

Die Schulleitung muss durchaus in Übereinstimmung mit den Schulpartnern entschei­den können, welchen Schwerpunktsetzungen sich eine Schule verschreibt, welche an­deren Bildungseinrichtungen sie vielleicht in die Schule hineinholt, wie sie mit Unter­nehmungen, Institutionen, Kultureinrichtungen kooperiert, wie sich eine Schule letzt­end­lich auch in einem Wettbewerb zwischen Schulen, also Schulen untereinander, positio­nieren möchte. Das bedeutet natürlich mehr Flexibilität bei der Bildung von Klassen und Lerngruppen, das bedeutet aber auch mehr Gestaltungsspielräume im Bereich der Lehrpläne.

 


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