Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jank zu Wort gemeldet. – Bitte.
9.38
Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin, ich unterstreiche alles, was Sie gesagt haben, trotzdem denke ich, dass man zu Schulbeginn vielleicht auch einen grundsätzlichen Blick auf das System werfen darf.
Für mich ist klar, dass es für uns in einer hoch entwickelten Demokratie, wo Aus- und Weiterbildung eine zentrale Grundlage von politischer und gesellschaftlicher Verantwortung ist, selbstverständlich sein muss, dass alle, die hier leben, auch jene, die zurzeit als Flüchtlinge und Asylwerber zu uns kommen, das richtige Angebot erhalten müssen und auch erhalten werden.
In unserem Ausbildungssystem ist vieles gut, das heißt aber nicht, dass nicht vieles noch besser werden kann. Wir können sicher nicht akzeptieren, dass 20 Prozent der 15-Jährigen nicht sinnerfassend lesen können, von der Lösung einfacher Rechenaufgaben, wie wir sie aus vielen Beispielen von Firmen-Aufnahmetests kennen, ganz zu schweigen. Wir können auch nicht akzeptieren, dass rund 4 Prozent aller Jugendlichen zwischen 15 und 24 keinen Pflichtschulabschluss haben, und wir können auch nicht wegschauen, wenn viele Jugendliche keine Lehrstelle erhalten, weil sie nicht ausbildungsfähig sind.
Dass diese Zahlen steigen könnten, wenn es uns nicht gelingt, Kindern von Asylwerbern – und nicht nur diesen – von Beginn an und bedingungslos Deutsch beizubringen – und zwar Deutsch in Sprache und Schrift; viele kommen ja aus einer Kultur mit nicht lateinischer Schrift –, das liegt auf der Hand, daher: besser frühzeitig investieren als später teuer reparieren! Das funktioniert aber sicherlich nicht nach dem – und diesen Eindruck habe ich halt manchmal – Motto: one fits all. Um Chancengerechtigkeit zu haben, braucht es ein vielfältiges Angebot, es braucht einen Wettbewerb nach oben und nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner. Kinder müssen gefördert werden, keine Frage, aber Kinder wollen auch gefordert werden.
Im Regierungsprogramm und mit der Einsetzung der Bildungsreformkommission hat sich die Regierung zur Weiterentwicklung unseres Schulsystems bekannt und – wie ich meine – verpflichtet; ich erwarte mir daher auch mutige Ergebnisse. Ein zentraler Punkt in dieser Bildungsreformkommission und bei der Schulreform muss aus meiner Sicht der Ausbau der schulischen Autonomie sein – Autonomie in personeller, pädagogischer, organisatorischer und budgetärer Hinsicht. Dass uns das gelingen wird, ist sicherlich eine große Herausforderung, aber wenn wir es gar nicht versuchen, werden wir es auch nicht schaffen können.
Aus internationalen Vergleichen wissen wir, dass überall dort eine qualitativ hochstehende Bildung gelingt, wo kompetente Pädagoginnen und Pädagogen eigenverantwortlich – eigenverantwortlich! – an der Umsetzung vorgegebener Bildungsziele arbeiten. Die Schulleitung muss autonom entscheiden können, welche LehrerInnen in einem Team sein sollen, sie muss die Kompetenz über Personaleinstellung und Personalentwicklung haben.
Die Schulleitung muss durchaus in Übereinstimmung mit den Schulpartnern entscheiden können, welchen Schwerpunktsetzungen sich eine Schule verschreibt, welche anderen Bildungseinrichtungen sie vielleicht in die Schule hineinholt, wie sie mit Unternehmungen, Institutionen, Kultureinrichtungen kooperiert, wie sich eine Schule letztendlich auch in einem Wettbewerb zwischen Schulen, also Schulen untereinander, positionieren möchte. Das bedeutet natürlich mehr Flexibilität bei der Bildung von Klassen und Lerngruppen, das bedeutet aber auch mehr Gestaltungsspielräume im Bereich der Lehrpläne.
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