Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 95

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12.11.29

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Vielleicht gleich im Anschluss an die bisherige Diskussion: Die Verantwortung dafür, dass jetzt wir und die Flüchtlinge den Preis zah­len, tragen natürlich der postkolonialistische Murks des 20. Jahrhunderts, die ökonomi­sche Schieflage der Jetztzeit und natürlich auch die geopolitischen Konflikte, primär zwischen Washington und Moskau, die im Hintergrund stehen. Das muss man einmal sagen.

Daher wundert es mich, dass, obwohl bekannt ist, dass es Hunderttausende Flücht­linge in Jordanien gibt, eine Million im Libanon, eineinhalb bis zwei Millionen in der Tür­kei, nicht seit Jahren wirklich Druck seitens der Europäischen Union ausgeübt wurde, eine internationale Konferenz abzuhalten, bei der alle an einen Tisch kommen müssen (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Steinbichler und Lintl – Bravoruf bei der FPÖ), damit diese Frage endlich an der Wurzel gelöst wird.

Da muss alles andere sekundär sein! Da kann nicht der amerikanische Außenminister sagen: Mit Herrn Assad setze ich mich nicht hin und mit den Russen nur unter be­stimmten Bedingungen!, andere wieder sagen: Jetzt haben wir aber die Sanktionen­frage, das geht nicht mit den Russen!, sondern dort haben die Russen, die Amerikaner, Vertreter – und sei es auch nur als Übergang – von Assad, der Iran – endlich, nach­dem dieser Deal hier gemacht wurde – Platz zu nehmen und – meine Lieblinge – die Saudis, die Golfstaaten. Es ist ja Zynismus, zu sagen: Ich nehme keine Flüchtlinge, aber zu euch kommen viele muslimische Flüchtlinge, wir bauen euch in Deutschland 250 Moscheen! Das ist ja unfassbar! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ sowie der Ab­geordneten Steinbichler und Lintl.)

Die sollen endlich einmal selbst ihr Land öffnen! Die Golfstaaten sollen endlich einmal etwas machen. Die sollen endlich einmal effizient kämpfen gegen die einzelnen Fi-nanciers in ihren Ländern, die den Islamischen Staat finanzieren oder ihm das Erdöl abkaufen, wodurch er sich wieder finanzieren kann. Das sind doch die Hintergründe, die man in diesem Zusammenhang, glaube ich, sehen muss. (Abg. Höbart: Lauter frei­heitliche Positionen!) Und ich erwarte mir vom Europäischen Rat, dass er jetzt einmal Schritte auch in diese Richtung setzt, dass er hier wirklich die entscheidenden Dinge tut. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Herr Außenminister, ich schätze so manche Ihrer Äußerungen, manche nicht, aber Sie haben Positionen, und diese nehmen Sie auch ein. Und Sie haben im heutigen „Kro­ne“-Interview gesagt, man hätte Griechenland zwingen sollen, die Außengrenzen bes­ser zu schützen. Ich bin diesbezüglich grundsätzlich auch Ihrer Auffassung – ob man das im Rahmen der Kreditvergabedebatten hätte machen können, weiß ich nicht –, aber der Schlüssel liegt in der Türkei. Denn wir können noch so viele Beamte hinunter­schicken, das wird nicht funktionieren. Wir beide wissen aus dem Geographieunter­richt, Griechenland hat 2 300 Inseln – wie viele Beamte wollen wir da auf all die Inseln schicken? Wer soll das finanzieren?

Natürlich gehört Griechenland einbezogen, das ist schon richtig, aber der Schlüssel liegt in der Türkei. Und wenn denen versprochen wird, sie bekommen finanzielle Mittel, damit dort die Flüchtlingsfrage besser gelöst werden kann, dann müssen diese finan­ziellen Mittel auch kommen, dann muss dafür auch etwas getan werden!

Es ist richtig, man muss sowohl finanziell als auch diplomatisch schauen, dass in den Krisenregionen Lösungen angestrebt werden. Das geht aber weit über die Frage der Finanzierung der Flüchtlingslager hinaus. Das geht auch über die Registrierungsstellen hinaus, die man zum Beispiel in Libyen braucht, wo Herr Sarkozy dafür verantwortlich ist, dass heute dort dieses Theater ist und dass dort die Flüchtlinge wegfahren und unter Todesgefahr nach Europa kommen, das muss man dazusagen. Man muss im-


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