Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 102

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

len ein bisschen auseinanderzuhalten, aber das ist in meiner Wahrnehmung nicht durch­gängig gelungen. Ich möchte noch einen zusätzlichen Beitrag dazu leisten, da etwas mehr Trennschärfe hineinzubringen. Wir haben nämlich nicht nur keinen europäischen Zugang zur Frage, wie wir mit Asylsuchenden umgehen, wir haben keinen europäi­schen Zugang zum Thema Migration überhaupt. Aus welchem Grund diese Migration stattfindet, sei vorerst einmal dahingestellt.

Wenn wir uns anschauen, warum Menschen sich in Bewegung setzen, so hat das Frau Abgeordnete Lunacek auch in ihrem Beitrag gesagt: Es gibt auch Menschen, die es sich wirtschaftlich verbessern wollen, und natürlich gibt es Menschen, die zu Recht Schutz suchen. Und es muss zulässig sein, da einen Unterschied zu machen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten El Habbassi und Strache.)

Das heißt aber auch, dass man dort, wo jemand das Recht hat, zumindest einmal ei­nen Asylantrag zu stellen, und das Recht hat, dass dieser sorgfältig geprüft wird, nicht abkürzen darf. Man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und sagen, da kommen auch Leute mit, die das Recht auf Asyl nicht haben – logisch, da stellen Leute Anträge, manche zu Recht, manche zu Unrecht. Und da sind mir die Freiheitlichen deut­lich zu scharf in der Art, wie sie da drüberfahren, während andere viel zu großzügig sind und das Welcome-Schild hochhalten, ohne zu differenzieren (Abg. Höbart: Wie die NEOS?), wer denn da jetzt kommt und ob da alle aus denselben Motiven, die auch juristisch gerechtfertigt sind, kommen.

Aber man kann auch als Land, unabhängig davon, wer hier herkommen will, einen akti­ven Beitrag leisten, um die Zuwanderung zu steuern, und in diesem Bereich ist nicht nur Europa im Generellen schlecht, da ist Österreich im Besonderen schlecht. Ich möchte ein Beispiel herausgreifen: die Umsetzung der Blauen Karte EU, wenn also ein Drittstaatsangehöriger eine Dauerberechtigung zur Arbeit in einem EU-Land bekom­men möchte. Wenn Sie das in Deutschland wollen, dann müssen Sie ein Jahresein­kommen von 48 000 € und ein paar Zerquetschten nachweisen, in Frankreich 52 000 €, in Österreich aber 57 400 €, also fast 20 Prozent mehr als in Deutschland. Und wenn Sie gute Leute wollen, dann frage ich mich: Wie viele Menschen – Zuwanderer sind ja oft jung – verdienen im jugendlichen Alter, zum Beispiel mit 30, 57 000 € im Jahr? – Das ist ein völlig weltfremder Betrag, den die Österreicher da für Menschen, die Arbeit suchen, Sozialversicherungsbeiträge zahlen wollen, Lohnsteuer zahlen wollen, ansetzen!

Die Kanadier, deren Land als Einwanderungsland bekannt ist, gehen da viel gezielter vor und schauen nicht nur, ob Formalqualifikationen gegeben sind, sondern auch, ob jemand für die Gesellschaft einen Beitrag leistet, ob er etwas gelernt hat und Inte­grationsfähigkeit mitbringt. Dadurch kommen viele Akademiker nach Kanada, die arbei­ten dann aber gar nicht in ihrem spezifischen akademischen Beruf, die haben vorher bewiesen, dass sie eine Leistung erbringen, dass sie eine Ausbildung gemacht haben, die arbeiten sich aber in Kanada von ganz unten hoch. Die Kanadier sagen: Ja, das ist „selfish“, was wir da machen, das ist eigennützig, aber sie wissen auch, dass sie das tun müssen, damit das Land von der Zuwanderung profitieren kann.

Die Schweden machen es nicht unähnlich, da gibt es auch so eine Art „Express Entry“ für Leute, die einen Job haben. Wer einen Job im Land nachweisen kann, darf kom­men, und in Schweden muss man dann nicht 57 000 € nachweisen, sondern pro Monat 13 000 Schwedische Kronen – das sind 1 400 €, die man im Monat verdienen muss, in Schweden, wo die Lebenshaltungskosten anders sind –, und wenn man einen Job hat, darf man kommen.

Wir in Österreich bauen bei den Jobs Hürden auf und sind bei anderen Kategorien großzügig, was zur Folge hat, dass zum Beispiel in Kanada und in Dänemark der Zu­zug durch Familienzusammenführung doppelt so hoch ist wie der Zuzug aufgrund von Arbeit, in Österreich der Zuzug durch Familienzusammenführung jedoch achtmal so


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite