Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 222

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

schen Bürgerinitiative aufgewertet wird. Die Unterstützungen sollen “frei“ auf der Stra­ße oder mittels Online-Sammlung des Parlaments gesammelt werden können. Das Parlament muss sich dann unter Einbindung der Initiatorinnen und Initiatoren (zur Stär­kung des Dialogs mehr als ein Rede- oder Anhörungsrecht) binnen sechs Monaten in den Fachausschüssen mit der Initiative befassen. Die Initiative kann konkrete Geset­zesentwürfe oder politische Anliegen enthalten und sich somit auf alle Rechte des Parlaments beziehen. Das Parlament kann den Vorschlag der Initiative annehmen – damit endet die Initiative. Übernimmt das Parlament den Vorschlag der parlamentari­schen Bürgerinitiative nicht, können die Initiatorinnen und Initiatoren in die zweite Stufe übergehen und ein Volksbegehren starten.

Zweite Stufe: Volksbegehren

Das Volksbegehren muss in Form eines Gesetzesentwurfs vorgelegt werden und kann sich auf alle Rechtsakte beziehen, an denen die österreichische Bundesregierung und das österreichische Parlament beteiligt sind. Dazu zählen auch der Abschluss oder die Kündigung von Staatsverträgen. Die Unterstützung von Volksbegehren ist nicht nur auf dem Gemeindeamt bzw. dem Magistrat möglich, sondern kann auch durch freie Samm­lung z.B. auf der Straße, sowie durch Online- oder Briefunterstützung erfolgen. Dafür ist die Einrichtung eines zentralen Wählerregisters mit sicherer Verschlüsselung not­wendig, sodass eine Nachvollziehung der Unterstützungen unmöglich ist. Die erforder­liche Unterstützungsanzahl für ein qualifiziertes Volksbegehren liegt bei jener Pro­zenthürde, die eine wahlwerbende Partei für den Einzug in den Nationalrat benötigt. Der Eintragungszeitraum ist so zu wählen, dass ausreichend Zeit für Information, Dis­kussion und Inanspruchnahme des demokratischen Rechtes zur Verfügung steht. Auch in dieser Phase muss sich das Parlament unter Einbindung der Initiatorinnen und Initiatoren mit der Vorlage befassen. Übernimmt das Parlament die Gesetzesvorlage nicht, können die Initiatorinnen und Initiatoren - sofern die nötige Unterstützungszahl für ein qualifiziertes Volksbegehren erreicht wurde - eine Volksabstimmung verlangen.

Dritte Stufe: Volksabstimmung

Verlangen die Initiatorinnen und Initiatoren eine Volksabstimmung, hat das Parlament die Möglichkeit einen Gegenvorschlag zu formulieren, welcher ebenfalls zur Abstim­mung gelangt. Eine Rückzugsmöglichkeit gibt den Initiatorinnen und Initiatoren die Mög­lichkeit, im parlamentarischen Verfahren mitzuwirken und darauf hinzuwirken, dass ein in ihrem Sinne möglichst guter, konsensfähiger Gegenvorschlag des Parlaments ver­abschiedet wird. Die Positionen der berichtslegenden Parteien hinsichtlich der The­menverbote sind unterschiedlich, eine Konsensfindung ist aus Sicht der Berichtsle­gerinnen und Berichtsleger aber nicht ausgeschlossen. Die Frage der Notwendigkeit von Themenverboten und die unterschiedlichen Möglichkeiten der Ausgestaltung sind in Kapitel 1.3.2. ausführlich dargelegt. Um den Bürgerinnen und Bürgern sachliche In­formationen zur Verfügung zu stellen, ist vor der Volksabstimmung von der Präsidentin des Nationalrats ein Abstimmungsbuch herauszugeben, in welchem alle Pro- und Kon­tra-Argumente ausgewogen und objektiv darzustellen und die verschiedenen Sponso­ren aufzulisten sind.

1.1.2 Kompromissvorschlag: Volksbefragungsautomatismus auf Bundesebene und Volks­gesetzgebung auf Landesebene

Die Oppositionsfraktionen können sich aber als Kompromiss auch die Einführung einer automatischen Volksbefragung auf Bundesebene und eine Verfassungsermächtigung für eine Volksgesetzgebung auf Landesebene vorstellen. Im Fall der Nichtumsetzung eines qualifizierten Volksbegehrens wäre demnach zwingend eine unverbindliche Volks­befragung durchzuführen. Im Falle einer unverbindlichen Volksbefragung sind keine Themenverbote vorzusehen. Die Parlamentsdirektion hat allerdings ein Rechtsgutach­ten darüber zu erstellen, ob der Gesetzesentwurf mit den Grund- und Menschenrech-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite