sein müssten, dass die direktdemokratischen Instrumente ihre Wirkungen in der Praxis tatsächlich entfalten könnten.
Der oppositionelle Kompromiss aus dem Jahr 2013 von FPÖ, Grüne und BZÖ über einen Volksbefragungsautomatismus enthielt keine Themenverbote. Der Kompromiss von SPÖ, ÖVP und Grüne vom Juni 2013 bezog sich ausschließlich auf Gesetze und schloss Volksbefragungen über einen Gesetzesentwurf aus, der gegen die Grund- und Menschenrechte, das Recht der Europäischen Union und völkerrechtliche Verpflichtungen verstoßen hätte. Ebenfalls ausgeschlossen wären Gesetzesbeschlüsse gewesen, durch die eine erhebliche finanzielle Belastung des Bundes eingetreten wäre, wenn das Volksbegehren keine Vorschläge darüber enthalten hätte, wie ein finanzieller Mehraufwand zu decken gewesen wäre.
Merli zufolge sollten über die soeben dargestellten Themenverbote hinaus auch Gesamtänderungen der Bundesverfassung ausgeschlossen werden. Völkerrechtliche Beschränkungen sollte man, sofern man sie wolle, auf ganz wichtige Verträge beschränken, die Österreich faktisch oder rechtlich nicht kündigen könne. Statt dem Verbot der Einschränkung von Grundrechten schlug er vor, die Verschlechterung der Rechtsstellung von Minderheiten (ethnischer, sprachlicher, religiöser Art, der sexuellen Ausrichtung oder der Staatsbürgerschaft) auszuschließen. Er hielt außerdem das schweizerische Prinzip „Einheit der Materie“ für sinnvoll, wonach in einem Volksbegehren nur sachlich zusammenhängende Forderungen gestellt werden können.
Finanzielle Bedeckungsvorschläge lehnten Merli und Hesse hingehend ab. Hesse erschien darüber hinaus die offenkundige Unionsrechtswidrigkeit fragwürdig, da auch die einfache Unionsrechtswidrigkeit zur Verdrängung nationaler Normen führe. Rosenmayr-Klemenz forderte auch Änderungen des Verfassungsrechts und im Bereich des Steuerrechts sowie im Sozialbereich auszuschließen. Gross erläuterte die Bedeutung der Schnittstelle zum Verfassungsschutz. Die direkte Demokratie sehe die Möglichkeit zur Verfassungsänderung vor, man müsse aber trotzdem die Verfassung dort schützen, wo sie nicht geändert werden dürfe. Dies sei eine der großen Schwächen in der Schweiz, aber sehr gut ausgestaltet in den USA, wie auch in Deutschland auf Bundesebene.
Keine Themenverbote bei Volksbefragungen
Themenverbote zu formulieren sei laut Öhlinger sehr schwierig, da beispielsweise der Minderheitenbegriff sehr unbestimmt sei. In letzter Instanz könne dies nur der Verfassungsgerichtshof entscheiden, wodurch die Entscheidung über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens und einer Volksabstimmung letztlich an ein Gericht delegiert werde. Bei einem Volksbefragungsautomatismus brauche es hingegen gemäß Öhlinger keine Themenverbote, weshalb diesem der Vorzug zu geben sei. Solange das Ergebnis der Abstimmung nicht bindend sei, liege die Letztverantwortung beim Parlament. Er plädierte für einen stärkeren Diskurs zwischen Parlament und Initiatorinnen und Initiatoren, damit eine akzeptable Lösung mit den Proponentinnen und Proponenten gefunden werden könne. Dass das möglich sei, zeige das Gentechnik-Volksbegehren. Wenn das nicht gelinge, komme es zu einer Volksbefragung, wo an die Bevölkerung appelliert werden könne, problematische Volksbefragungen nicht in einer bestimmten Weise zu beantworten. Wenn auch das nicht funktioniere, habe das Parlament am Schluss noch die Möglichkeit zu sagen, es könne das Gesetz nicht beschließen.
Regelungen in den Bundesländern
In Oberösterreich gebe es Themenverbote lediglich in Bezug auf Personalfragen, Wahlen und Angelegenheiten, die ausschließlich den Inhalt einer konkreten individuellen behördlichen Entscheidung betreffen würden, berichtete Steiner. Auf Gemeindeebene könne man nahezu alle Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs zum Gegenstand der direkten Demokratie machen, berichtete Giese. Ausgeschlossen seien lediglich abgabenrechtliche und personelle Angelegenheiten.
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