Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 235

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entscheiden könne, auf welcher Grundlage er seine Entscheidung treffe. Für Gross war in diesem Zusammenhang wesentlich, dass den Bürgerinnen und Bürgern genug Zeit zur Verfügung stehe, um sich auch mit den Informationen auseinanderzusetzen und darüber zu diskutieren, denn Diskussion sei die Seele der direkten Demokratie. Die Medienvertreterinnen und Medienvertreter betonten, dass Zugang zu Information und Transparenz die Grundlage für eine ausgewogene und qualitative Berichterstattung in den Medien sei.

Verbesserung der Informationsqualität in den Medien

Damit eine intensive sachliche Debatte über direktdemokratische Initiativen stattfinden kann, ist nach Ansicht der Expertinnen und Experten auch eine informative und ausge­wogene Berichterstattung in den Medien notwendig. Gemäß Lehofer sei das insbe­sondere über die Förderungen erreichbar, indem diese etwa an die Erfüllung bestimm­ter Mindestaufgaben gebunden würden, wie beispielsweise die ausgewogene Bericht­erstattung über direktdemokratische Initiativen. Filzmaier zufolge könnte die Medienför­derung auch an die Verpflichtung zur Einrichtung von Inhalts- und Beteiligungsforma­ten gekoppelt werden. Lehofer wies weiters darauf hin, dass auch die 2001 in Ös­terreich abgeschafften Belangsendungen, worin man wahlwerbenden Gruppen kosten­los Sendezeit zur Verfügung stelle, in Europa nicht unüblich seien.

Wolle man die Medien darüber hinaus in die Pflicht nehmen, stoße man Lehofer zu­folge hingegen rasch an die verfassungs- und grundrechtlichen Grenzen der Presse- und Rundfunkfreiheit. Detailänderungen im Rundfunkrecht seien zwar möglich, die Auswirkungen solcher Maßnahmen dürften aber nicht überschätzt, der bürokratische Aufwand nicht unterschätzt werden. Klar gegen Ausgewogenheitsvorschriften sprach sich Sablatnig aus. Ohne die Möglichkeit, auch eine Meinung beziehen zu können, sei eine professionelle Berichterstattung nicht möglich.

Lehofer hielt es für denkbar, analog zur Wahlkampfkostenbeschränkung die Ausgaben zur Bewerbung direktdemokratischer Initiativen betragsmäßig zu limitieren. Das könnte eine Chance bieten, die Willensbildung im Zusammenhang mit direktdemokratischen Initiativen etwas von der ökonomischen Macht der beteiligten Interessengruppen zu entkoppeln. Soweit entsprechende Wahlkampfkostenbegrenzungen aber nicht in Wahl­gesetzen oder Gesetzen über die Volksabstimmungen vorgesehen werden würden, würden Einschränkungen in den audiovisuellen Medien locker wettgemacht durch Spendings in den Print- und Onlinemedien, durch ausländische Sender, durch Soziale Netzwerke und in immer stärkerem Maße auch durch das Internet.

Gross wies darauf hin, dass in der Schweiz die elektronische politische Werbung und die politische Fernsehwerbung grundsätzlich verboten seien, während sich in den USA, vor allem in Kalifornien, die öffentliche Diskussion gerade auf die Fernsehwerbung re­duziere. Es habe in Kalifornien daher einmal das freiwillige Abkommen gegeben, dass eine Fernsehanstalt bei großen finanziellen Inseratenaufträgen freiwillig 10 % dieser Summe der anderen Seite zur Verfügung stelle.

Für eine vitale Demokratie sei grundsätzlich Unabhängigkeit, Qualität und Vielfalt der Medien systemrelevant, bekundete Hösele. Nach Ansicht mancher Expertinnen und Experten müsse man deshalb vielleicht auch größer, etwa bei einem Medienkonvent, ansetzen. Lehofer zufolge bedürfe es zur Sicherung der Funktion des Mediensystems der Sicherung der Grundlagen durch eine aktive und innovative Medienvielfaltsförde­rung, durch einfachen und offenen Zugang zu neutral bereitgestellten Informationen und schließlich durch die Sicherung der Infrastruktur mit flächendeckendem Breitband­ausbau und Gewährleistung der Netzneutralität im Internet. Zimmerman sprach sich für eine Umstellung der Presseförderung von einer allgemeinen Vertriebsförderung auf ei­ne von der Verbreitungsart unabhängige Qualitätsförderung für Medien aus.

 


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