Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 236

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Lebenslange politische Bildung

Langfristig könne nach Ansicht der Expertinnen und Experten das Sachniveau des Dis­kurses durch lebenslange politische Bildung, Medienbildung und Ausbildung der Jour­nalistinnen und Journalisten erhöht werden.

1.3.8 Ausbau der direkten Demokratie in den Bundesländern

Status quo

In allen Bundesländern gibt es - mit unterschiedlichen Bezeichnungen - die drei „klas­sischen“ Instrumente Volksbegehren, Volksbefragung und Volksabstimmung. In man­chen Bundesländern hat eine unverbindliche Volksbefragung bzw. eine rechtlich nicht verbindliche Volksabstimmung stattzufinden, wenn der Landtag einem ausreichend un­terstützten Volksbegehren nicht entspricht. Zudem kann in allen Ländern die Durchfüh­rung einer Volksbefragung von einer bestimmten Zahl von Bürgerinnen und Bürgern erzwungen werden. In der Mehrheit der Bundesländer kann außerdem eine bestimmte Zahl von Bürgerinnen und Bürgern eine Volksabstimmung über Gesetze vor ihrer Kundmachung verlangen. Damit kann die Kundmachung und somit das In-Kraft-Treten eines Landesgesetzes verhindert werden (Vetoreferendum).

Handlungsspielräume müssen erweitert werden

Im Rahmen der Enquete-Kommission zeigte sich, dass es in den Bundesländern viel­fältige Bemühungen gibt, die direkte Demokratie zu erweitern. Der bundesverfassungs­rechtliche Rahmen sei für viele landespolitische Anliegen aber zu eng geworden, führte Giese aus. Um den Bundesländern die Volksgesetzgebung zu ermöglichen, bedürfe es einer Änderung der Bundesverfassung inklusiver einer Volksabstimmung auf Bundes­ebene, stellte Poier klar. Denn der Verfassungsgerichtshof habe festgestellt, dass das eine Gesamtänderung der Bundeverfassung sei, erläuterte Bußjäger. Auch was elek­tronische Unterstützungsmöglichkeiten und die Briefwahl betrifft, besteht, wie bereits ausführlich in Kapitel 2.3.5. berichtet, vielen Expertinnen und Experten zufolge Erweite­rungs- und Vereinfachungsbedarf. Ebenso wenig ermächtige die Bundesverfassung die Landesgesetzgeber, den Teilnehmerkreis über die zum Gemeinderat Wahlberech­tigten hinaus zu erweitern, führte Giese aus, was in den einzelnen Bundesländern als Demokratiedefizit wahrgenommen werde.

Praxis im rechtsfreien Raum

Die Praxis der letzten Jahre zeige, dass sich die Länder und Gemeinden oft Lösungen im Schatten der verfassungsgesetzlich vorgesehenen Formen suchen, betonte Giese. Für Mayrhofer sei diese Praxis im rechtsfreien Raum problematisch, da die direktde­mokratischen Instrumente etwa nicht der nachprüfenden Kontrolle des Verfassungsge­richtshofes unterliegen würden. Dieser Umstand schaffe ein Rechtsschutzdefizit, Miss­trauen und in gewisser Weise ein Datenschutzproblem, führte Poier weiter aus. Zudem herrsche oft auch Rechtsunsicherheit, ob Bestrebungen auf Landes- und Gemeinde­ebene verfassungsrechtlich zulässig seien, führte Floss aus. Für die Stadt Salzburg habe man ein dreistufiges Modell der direkten Demokratie entwickelt, das am Ende ei­ne rechtsverbindliche Volksabstimmung vorsehe. Ob dieses Modell verfassungsrecht­lich zulässig sei, sei von den verfassungsrechtlichen Gutachtern allerdings unterschied­lich beurteilt worden, erzählte Floss. Viele Expertinnen und Experten äußerten aus die­sen Gründen den Wunsch nach eindeutigen verfassungsrechtlichen Rahmenbedin­gungen, damit die Länder und Gemeinden mit Rechtssicherheit entsprechende Instru­mente schaffen können.

2. Bürgerbeteiligung in der Gesetzgebung und Parlamentsausstattung

2.1 Forderungen der Berichtslegerinnen und Berichtsleger

 


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