Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 38

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bei Kummer zu Alkohol zu greifen. Das wird nichts ändern! Sie werden am nächsten Tag mit einem Kater aufwachen, doch die Situation wird dieselbe sein. Das ist eben das Problem des Rechtspopulismus, und deswegen sollte man nicht zu dieser Medizin greifen, die wird nicht helfen, das ist eben eine Droge und keine Medizin. (Abg. Hagen: Drogen sind noch ärger! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Noch einmal die Thesen von Stefan Petzner: Rechtspopulisten sind Seismographen –sie bringen richtige Themen auf das Tapet –, sie sollen nicht über 10 Prozent bekom­men, das ist ein Appell an die Bürgerinnen und Bürger aus dem Herzen des Rechts­populismus. Seine dritte These: Sie sind für Regierungsarbeiten nicht zu gebrauchen, so Stefan Petzner, weil sie sich nicht in verantwortungsvoller Weise der Verantwortung stellen. (Abg. Lugar: Haben S’ nicht einen anderen gefunden? – Abg. Walter Rosenkranz: … bisserl eifersüchtig? – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

An diesem Punkt möchte ich, liebe FPÖ, auf Ihre inhaltlichen Vorschläge eingehen. Sie schlagen vor, dass wir rund um Österreich einen Stacheldrahtzaun spannen. (Abg. Kickl: Nicht drumherum, sondern dort, wo was reinkommt!) Dann frage ich Sie – Sie haben ja auch Kinder –: Ist das Ihr Bild für Europa? Sollen unsere Kinder in einem Europa aufwachsen, wo wir am Walserberg, wo wir am Brenner, wo wir in Nickelsdorf, wo wir zwischen 28 EU-Staaten Stacheldrahtzäune machen? Wenn wir diese Zäune einmal aufgebaut haben, ist es nicht so leicht, sie wieder abzubauen! Das hat die europäische Geschichte gelehrt. Ich wäre ganz vorsichtig mit solchen Vorschlägen und ganz vorsichtig damit, mit solchen Vorschlägen Stimmen zu fangen! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Wenn ich Sie als Seismographen bezeichne, kann ich natürlich die Regierung nicht außen vor lassen. Die seismographische Funktion liegt darin, dass Sie Dinge auf­zeigen, die eben schon unterwegs sind. Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler, ich kann Sie nicht aus der Pflicht lassen: Sie haben dieses Phänomen des Rechts­populismus in diesem Ausmaß in Österreich genährt. Tragisch ist, gerade auch in der Flüchtlingsfrage, dass die heute auf 30 Prozent sind.

Seit vier Jahren wissen wir, es ist Krieg in Syrien. Wir wissen, dass Flüchtlinge unterwegs sind – in Jordanien, in der Türkei, im Libanon sitzen sie zu Millionen! –, und dann sind wir nicht einmal fähig, die Hilfstranche für das Ernährungsprogramm, für das Food Programme in diesen Flüchtlingslagern heuer zu überweisen? Wir überweisen weniger als private Spender der Vereinigten Arabischen Emirate. Wir überweisen im Vergleich zu Schweden nicht einmal ein Siebzigstel an das UNHCR.

Wir adressieren all die Fragen nicht, die kommen – wir schauen weg. Wir haben 25 000 Mal weggeschaut. Seit 2000 sind 25 000 Menschen im Mittelmeer gestorben. Wir haben 25 000 Mal weggeschaut, und erst wenn 71 Tote in einem Lastwagen bei uns ankommen, dann schauen wir endlich einmal hin. Das ist nicht meine Auffassung von Regierungsarbeit!

Ich habe mich noch nie so sehr als Zentrumspartei gefühlt wie heute. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Korun.) Wir wollen arbeiten für Lösungen. Deswegen ist es auch in dieser Flüchtlingsfrage als Zentrumspartei so schwierig. Wir können Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger, keine Extrempositionen links oder rechts bieten. Wir wollen nach vorne, das ist die historische Mission der NEOS. Wir wollen mit diesem Land nach vorne und raus aus diesem elenden Hickhack, das heute in diesem Hohen Haus wieder fröhliche Urständ gefeiert hat. Das ist unser Angebot, auch für Ober­österreich und für Wien. Die Bürgerinnen und Bürger müssen entscheiden. (Beifall bei den NEOS.)

16.34

 


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