Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 78

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die Menschen, die Österreicherinnen und Österreicher sind da eingesprungen, wo über Wochen die Politik versagt hat, wo die politischen Strukturen versagt haben – sei es in Traiskirchen, sei es am Westbahnhof, wo Wienerinnen und Wiener gekommen sind, ihre Hosen gebracht haben, ihre Leiberl gebracht haben, Kaffee gebracht haben, die Flüchtlinge begrüßt haben. Dort ist die Zivilgesellschaft aktiv geworden, und das macht mich sehr, sehr stolz.

Es zeigt aber auch auf (Vizekanzler Mitterlehner: Haben Sie auch Ihre Hose hinge­bracht?!), Herr Vizekanzler, dass wir (Vizekanzler Mitterlehner: So ein Quargel!) ein politisches System – Herr Vizekanzler – haben, mit Strukturen, die nicht in der Lage sind, Lösungen zu bieten. Zwei Beispiele dazu. (Vizekanzler Mitterlehner: Glauben Sie, dass wir nicht darauf eingestellt waren?!) – Ja, ich glaube, dass Sie nicht darauf eingestellt waren, ich glaube das wirklich, denn ich war nämlich vor Wochen in Traiskirchen und es war kein Politiker da, es sind die Kinder im Dreck gelegen, die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, und Sie waren nicht da. (Abg. Walter Rosenkranz: Wir waren so oft dort und haben Sie nicht gesehen!)

Aber ich rede auch vom politischen System. Es geht mir darum, dass wir einerseits auf österreichischer Ebene gesehen haben – und da haben wir gestern etwas getan –, dass Föderalismus so nicht funktioniert. Wir haben aber auch auf europäischer Ebene das Thema, einen institutionellen Rahmen, ein politisches System, das natürlich in einem vereinten Europa – und darauf weisen wir auch seit Monaten hin – nicht ohne gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und ohne gemeinsame Migrations- und Asylstrategie auskommen kann. Es kann nicht funktionieren. (Beifall bei den NEOS.)

Es tritt noch etwas zutage, und das ist sozusagen die politische Mechanik, die dann immer passiert – und da ist dann egal, ob das in Österreich ist oder irgendwo sonst auf der Welt –, das Ausnutzen, ja das Ausschlachten einer Katastrophe durch Rechtspopu­listen. – Denn nichts anderes tun (in Richtung FPÖ) Sie.

Das passiert überall und das ist schäbig, aber es ist leider so. Sie müssen sich eigentlich nur zurücklehnen und abwarten. Das ist alles, was Sie derzeit tun müssen, denn jede Schlagzeile hilft Ihnen. Und natürlich, wir verschließen die Augen nicht vor der Realität, auch in einer Normalverteilungskurve wird es so sein, dass Flüchtlinge kommen, die kriminell werden, es wird auch so sein, dass wir möglicherweise vor terroristischen Bedrohungen stehen, das ist so. (Abg. Höbart: Ja, das ist so!) – Ja, aber Sie nutzen das aus. Sie haben keine Lösungen, Sie nutzen das einfach nur aus, und das mache ich Ihnen zum Vorwurf.

Ich möchte jetzt aber heute noch etwas sagen: Das ist meine Abschiedsrede im Parlament, weil ich, wie Sie ja wissen, für die Wienerinnen und Wiener arbeiten möchte. Ich möchte, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Strache, auch Glaubwürdigkeit in die Politik bringen und daher werde ich mein Mandat noch vor der Wiener Gemeinde­ratswahl zurücklegen. Sie könnten das ja auch tun, dann würden Sie es vielleicht ernst meinen mit dem „für die Wienerinnen und Wiener arbeiten“. Das heißt, das ist heute meine Abschiedsrede im Parlament. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Strache: Wir sehen Sie hier noch länger!) – Wer sich freut, wunderbar.

Ich möchte mir daher auch erlauben, auf diese letzten zwei Jahre zurückzublicken. (Vizekanzler Mitterlehner: Sicher! – Abg. Lopatka: Sie sind auf jeden Fall weg?!)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren, wir haben eigentlich die schöne Usance in diesem Haus, dass wir versuchen, uns sowohl bei Erstreden als auch bei Abschiedsreden zurückzuhalten mit Zwischenrufen. Ich würde bitten, das jetzt auch der Kollegin Meinl-Reisinger zu gewähren. – Ich danke Ihnen.

 


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