Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll94. Sitzung / Seite 13

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de und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen sind Grund­werte der Schule, auf deren Grundlage sie der gesamten Bevölkerung, unabhängig von Herkunft, sozialer Lage und finanziellem Hintergrund, unter steter Sicherung und Wei­terentwicklung bestmöglicher Qualität ein höchstmögliches Bildungsniveau sichert.“

Diesem Anspruch wird das österreichische Bildungssystem jedoch nicht gerecht. In­ternationale Vergleichsstudien bescheinigen Österreichs Bildungssystem seit Jahren bestenfalls durchschnittliche, meist sogar unterdurchschnittliche Leistungen. Die In­dustriellenvereinigung hält dazu fest: „Österreich leistet sich eines der teuersten Bil­dungssysteme dieser Welt. Doch die hohen Ausgaben bringen keine bessere Bildungs­qualität. Und an wichtigen Kompetenzen fehlt es. Obwohl Österreich mit jährlichen Ausgaben von 13.116 US-Dollar pro Kopf von der Volksschule bis zur Hochschule we­sentlich mehr ausgibt als der OECD-Durchschnitt, sind wir in punkto Bildungsqualität weit vom internationalen Spitzenfeld entfernt. Das Geld kommt zu wenig bei den Schü­lerinnen und Schülern in den Klassenzimmern an.“

Das intransparente System der Bildungsverwaltung, die zwischen Bund und Ländern aufgeteilt ist, ist ein unzählige Millionen verschlingendes Bürokratiemonster. Hinzu kom­men zwischen diversen Ministerien aufgeteilte Kompetenzen, die durchgängige Rege­lungen und den dringend notwendigen Informationsfluss, wie ein sinnvolles Über­gangsmanagement zwischen den bestehenden Bildungsschnittstellen – etwa vom Kin­dergarten zur Volksschule – fast undurchführbar machen.

Daniel Schraad-Tischler, Projektleiter einer im letzten Jahr präsentierten Bertelsmann-Studie, kritisiert „die frühe Selektion der Kinder im mehrgliedrigen Schulsystem“. Au­ßerdem brauche Österreich mehr UniversitätsabsolventInnen als derzeit. Die Per­formance des Bildungssystems sei angesichts des Mitteleinsatzes bescheiden, denn Österreich komme nur auf Platz 29 aller 41 untersuchten Länder. Nach wie vor, so der Bertelsmann-Experte, spiele in Österreich die soziale Herkunft bei den Bildungs­chancen eine zu große Rolle. Mängel gebe es auch bei der frühkindlichen Bildung. („Die Presse“ vom 8. April 2014)

Die Bundesregierung ist vor zwei Jahren angetreten, um diese Situation zu verbessern. Im September letzten Jahres wurde die Einrichtung einer „Bildungsreformkommission“ beschlossen, die „rasch ihre Arbeit aufnehmen und laufend beratend tätig sein“ sollte. (http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/3876188/Regierungsklausur_6PunkteProgramm-zur-Bildung-beschlossen) Tatsächlich trat die Reformkommission erst vier Monate später zum ersten Mal zusammen und verkündete als wichtigstes Ergeb­nis das harmonische Miteinander: „,Man hat niemanden schreien gehört und der Boden hat nicht gebebt’, sagte der Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP)“. (http://diepresse.com/
home/bildung/schule/4644819/Bildungsreform_Staendiges-Herumdoktern-soll-ein-Ende-haben) Eine für die Bildungsreformkommission eingesetzte „Expert/innengruppe Schulverwaltung“ stellt den Reformbedarf fest: „Die völlig geänderten gesellschaftli­chen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen eine umfassende Neugestal­tung unseres Bildungssystems dringend erforderlich. (...) Mit punktuellen Einzelmaß­nahmen alleine wird man in Zukunft keine besseren Ergebnisse erzielen.“ (Freiraum für Österreichs Schulen, März 2015)

Das von der ExpertInnenkommission erarbeitete Grundlagenpapier „Freiraum für Ös­terreichs Schulen“ empfiehlt eine wesentliche Ausweitung der Schulautonomie, we­niger bürokratischen Aufwand, eine bessere Ressourcensteuerung und ein besseres Controlling. Bemerkenswert ist die Formulierung: „Ein generelles Andenken einer Re­duzierung der ‚Schnittstellen“ (Übergangszeiten) im gesamten Schulsystem. Denkbar wäre es, eine Schnittstelle bei 14 anzusetzen.“ Dies kommt einer – wenn auch vorsich­tig formulierten – Forderung nach Einführung der gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jäh­rigen gleich. (ebda, 27)

 


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