Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll94. Sitzung / Seite 22

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teilung, die sehr oft für Stillstand und wenig für Bewegung sorgt. Betroffene Jugendli­che sind nicht integriert. Ich hätte Ihnen eines ans Herz gelegt: In Finnland sind gerade bei einem großen Schulreformprojekt 60 000 Schülerinnen und Schüler mit am Werk gewesen. Sie haben sich aktiv eingebracht, haben auch aktiv ihre Schule neu gestaltet, und das alles in einem dermaßen atemberaubenden Tempo, das sich in Österreich fast niemand vorstellen kann.

Deswegen ist es schade, dass die Betroffenen, um die es eigentlich gehen soll, so we­nig mitgedacht werden und dass von oben etwas verordnet werden soll, wo wir Sorge haben, dass es nicht wachsen kann und auch nicht ausreichend ist. (Beifall bei den Grünen.)

Meine persönliche Ungeduld, meine Kritik ist deswegen auch sehr berechtigt, weil wir alle, als Eltern oder auch im Bekannten- und Verwandtenkreis, immer wieder das Schick­sal von Jugendlichen und Kindern sowohl im Kindergarten als auch in der Schule er­leben, die in diesem Bildungssystem einfach auf der Strecke bleiben, weil man es in diesem politischen Hickhack zwischen Bund und Ländern, zwischen Landeshauptleu­ten und Ministerien, zwischen Rot und Schwarz nicht schafft, ihnen eine Chance zu ge­ben.

Letzte Woche wurde im Familienausschuss genau der Kindergartenbereich wieder ein­mal beerdigt, muss ich in aller Dramatik sagen – gerade wenn es um die Schwächsten und um die Kleinsten geht. Jahrelang haben wir diskutiert, was Elementarpädagogik heißt, wie wichtig es ist, den Kleinsten die beste Ausbildung zu geben. Alle bestätigen das selbstverständlich: Die PädagogInnen verdienen eine bessere Ausbildung, verdie­nen eine bessere Bezahlung, verdienen bessere Plätze.

Die Eltern verdienen es auch, wenn sie eine Familie planen, wenn sie die neun Monate Schwangerschaft miteinander verbringen, dass sie die Sicherheit haben, wenn sie einen Kindergartenplatz brauchen, dass sie auch einen Platz in ausreichender Qualität bekommen.

Jetzt ist das zweite Gratis-Kindergartenjahr de facto wieder beerdigt worden. Ich frage mich, was all diese Bekenntnisse eigentlich wert sind, die Kleinsten seien uns am wich­tigsten. Die Zukunft der Kleinsten sollte uns allen ein Anliegen sein. Vielleicht haben Sie dafür auch eine Erklärung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich weiß, das ist alles sehr kompliziert mit den Ländern und mit der Finanzierung, aber übel habe ich es gefunden, dass ideologische Gründe vorgeschoben wurden, dass man Kinder aus den Armen ihrer Eltern wegreiße, wenn man ein zweites Gratis-Kin­dergartenjahr verpflichtend einführt. Im Wesentlichen heißt das für 95 Prozent aller El­tern, einen fixen Platz zu haben – noch dazu kostenfrei. Das ist nichts, was mit Ideo­logie zu tun hat, sondern das ist echt lebenswerte Qualität, das ist auch Unterstützung, was die Brieftasche betrifft. Es macht einen riesigen Unterschied, ob man einen kostenfreien Kindergarten besuchen kann oder ob man sich in irgendeiner Form Privat­kindergärten leisten muss. Sie schütteln den Kopf (in Richtung der Abg. Belako­witsch-Jenewein), ich weiß nicht, warum, aber 95 Prozent der Eltern hätten das sehr dringend gebraucht: eine Entlastung, was gerade die Kindergartenkosten betrifft. (Bei­fall bei den Grünen.)

Jedes Jahr, jeder Monat, der verzögert wird, der aufgrund von politischem Hickhack, auf­grund von Hickhack zwischen Rot und Schwarz verzögert wird, bedeutet für Tausende junge Menschen, keinen Schlüssel zum Arbeitsmarkt zu haben, keinen Schlüssel zur Teil­habe, auch zur gesellschaftlichen Teilhabe zu haben. Ich spreche von jenen 8 000 jun­gen Menschen, die de facto ohne Schulabschluss ins Leben gestoßen werden. Ich möch-
te nicht, dass diese jungen Leute mit leeren Augen auf der Straße vor dem Arbeitsamt hocken. Wir wollen das nicht mehr. Und wir wollen, dass es sehr viel rascher angegan-


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