Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll94. Sitzung / Seite 26

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12.22.53

Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek|: Frau Präsiden­tin! Hoher Nationalrat! Ich freue mich wirklich – und das meine ich ganz ehrlich –, dass eine Sondersitzung einberufen wurde, um ein ganz wesentliches Zukunftsthema zu be­sprechen, dass wir nicht nur darüber reden, was bisher im österreichischen Bildungs­system schon geschehen ist, sondern auch darüber, was noch geschehen muss; dafür bin ich sehr dankbar. Es sind 50 Fragen zu beantworten. Ich werde versuchen, diese nach einer kurzen Einleitung, so gut es geht, der Reihe nach zu bearbeiten. Aber las­sen Sie mich bitte zu Beginn einfach erzählen, was die Realsituation in unseren Schu­len ist!

Ich habe in den letzten drei Wochen – also in den ersten drei Schulwochen – 16 Bil­dungseinrichtungen in sechs Bundesländern besucht – Volksschulen, Kindergärten, Volkshochschulen, Pädagogische Hochschulen – und habe in unterschiedlicher Art und Weise mitbekommen, wie engagiert die Leute sind, die dort arbeiten, egal, ob es jetzt ErwachsenenbildnerInnen mit Flüchtlingsjugendlichen waren oder ob es – erst gestern – KindergartenpädagogInnen und VolksschulpädagogInnen im Campus Sonn­wendviertel waren, die Kindergartenkinder und Volksschulkinder gemeinsam in das neue Jahr begleiten – sprich in das neue Kindergartenjahr oder in das neue Schul­jahr –, ob es die Europaschule in Linz war, wo ich erlebt habe, wie um 7 Uhr die Türen geöffnet werden, die Kinder miteinander frühstücken, wo Therapietiere in der Schule vorhanden waren, die Kinder am Gang und in der Klasse – nach dem Morgenkreis selbstverständlich – in Gruppen oder alleine mit der Lehrerin, den Lehrern, mit Unter­stützungspersonal gearbeitet haben, sei es in Niederösterreich, wo wir die Jugendrot­kreuz-Aktion für unsere Flüchtlingskinder begründet haben, nämlich eine Willkom­menssäckchen-Aktion, im Rahmen derer mittlerweile 3 300 Säckchen für Kinder befüllt wurden, die es bitter nötig haben, oder sei es, dass es zum ersten Mal möglich war – und das haben die Rektorinnen und Rektoren der vier Universitäten und der vier Päda­gogischen Hochschulen, die in Graz zusammengekommen sind, unlängst als Jahrhun­dertreform bezeichnet –, dass acht Institutionen gemeinsam die neue LehrerInnenaus­bildung in einem Vertrag begründet haben und die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer auf Augenhöhe gemeinsam durchführen, was noch in drei weiteren Clustern, in drei weiteren Regionen geschehen wird.

So könnte ich jetzt alle 16 Beispiele aufzählen und hätte Ihnen doch nur einen kleinen Ausschnitt dessen gebracht, was unser System jetzt schon kann. Ich bin es leid – Entschuldigung, wenn ich das sage! –, immer wieder zu hören, wie furchtbar und wie schrecklich es ist. Ja, das System ist verbesserungswürdig, ja, zu diesem Thema sind wir nicht nur heute zusammengekommen, zu diesem Thema sind wir auch gemeinsam mit dem Koalitionspartner mit den Bundesländern in Verbindung, um für den 17. No­vember vorzubereiten, was in diesem Land noch nicht geschehen ist.

Ja, auch ich stehe natürlich dazu, dass Bildungsbenachteiligungen, die Eltern eventuell mitbringen, nicht an die Kinder weitergegeben werden dürfen, dass das System diese Kinder auffangen soll, und zwar so früh wie möglich, schon vor der Schule – ja, auch das ist kein Geheimnis.

Ein zweites Kindergartenjahr ist jetzt nicht für alle verpflichtend, aber es gibt zumindest verpflichtende Gespräche mit den Eltern. Ja, ich hätte es mir gewünscht, aber jetzt ma­chen wir einmal den ersten Schritt und schauen zumindest, wie man Kinder vom Kin­dergarten in die Volksschule so hineinbegleiten kann, dass sie nicht im Alter von sechs Jahren aufgrund eines einzigen Schulreifegespräches in Vorschulkinder, Regelschul­kinder oder sogar Sonderschulkinder eingeteilt werden. Das sollte der Vergangenheit angehören. Das haben wir uns nicht nur ins Regierungsprogramm geschrieben, son­dern das haben wir bereits in 73 Kindergärten und 110 Volksschulen. Wir erproben die­ses System gerade und schauen, wie diese Übergänge sanft erfolgen können. Wir ha-


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