Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll94. Sitzung / Seite 35

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spiele an, wo entsprechende Projekte funktioniert haben! Finnland momentan: Obwohl sie in sämtlichen Kategorien deutlich vor uns liegen, machen sie, weil sie merken, es muss etwas getan werden, eine große Reform. Und was machen sie? – Sie sprechen mit Lehrerinnen und Lehrern. Sie sprechen mit den Eltern, und sogar die Schülerinnen und Schüler werden systematisch in die Reform eingebunden. Und der Zeithorizont, den man sich in Finnland für eine grundlegende Reform gibt, das sind wenige Jahre. – Nicht wie bei uns, wir zählen ja schon fast in Jahrzehnten, wenn es um Reförmchen geht, von Reformen gar nicht zu sprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Analyse, die Sie uns hier präsentiert haben, kann ich größtenteils unterstützen. Ja, Sie haben die Probleme erkannt, Sie haben die Probleme geschildert, Sie haben auch gesagt, dass Ihnen der Handlungsbedarf bewusst ist. Diesen Handlungsbedarf kennen wir auch seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Und wenn Sie hier Projekte als Lösung vorstellen – den Lese-PHILIPP –, dann muss ich sagen, wir alle werden zum Zappel­philipp, wenn nicht endlich etwas Grundlegendes getan wird! Und diese grundlegende Geschichte ist nicht in Sicht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Was wir im Nationalrat schon erwarten dürfen, ist, dass wir bei einer derart grundlegen­den Reform rechtzeitig miteingebunden werden, dass man Ross und Reiter nennt, dass man darauf hinweist, was gemeint ist, wenn es um Verwaltungsreform geht, was gemeint ist, wenn es um andere Kompetenzverteilungen geht, als es derzeit der Fall ist.

Geschätzte Frau Ministerin, aber vor allem auch Kolleginnen und Kollegen der Re­gierungsparteien! Was die Leute wollen, was die Eltern, Kinder und LehrerInnen wol­len, ist klar: Die ORF-Sendung „Schule fürs Leben“ hat das sehr schön gezeigt. Man hat versucht, eine Neue Mittelschule mit einem Gymnasium zusammenzuführen, man hat sie mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet, und es gab frappante Ergebnisse nach wenigen Monaten: mehr Begeisterung bei den Kindern, mehr Lernfreude. Die Kinder sind plötzlich wesentlich lieber in die Schule gegangen, als das davor der Fall war. Die Leistungen sowohl im unteren Bereich als auch im Spitzenbereich wurden deutlich besser.

Der ORF hat vorgezeigt, was wir hier im Hohen Haus nachvollziehen sollten und was die Eltern wollen: Schülerinnen und Schüler, die in die Schule gehen und keine Schul­tasche brauchen, Eltern, die zu Hause nicht wieder belastet werden mit den Hausübun­gen, die eigentlich ihre Kinder machen sollten. Das sind Forderungen, die, glaube ich, nachvollziehbar sind – auch die Forderung, dass man in der Schule ein gesundes Mit­tagessen bekommt. Das alles sollten wir jetzt endlich einmal festschreiben und uns dann die Wege überlegen, wie wir dorthin kommen. Aber wir sind ja noch nicht einmal bei diesem ersten Schritt.

Frau Ministerin, zur Modellregion Vorarlberg: In Vorarlberg hat der grüne Einfluss zu­mindest so weit gereicht, dass wir alle Landtagsparteien überzeugt haben, dass es in Richtung gemeinsame Schule gehen muss. (Beifall bei den Grünen.) Was wir in Vor­arlberg gemacht haben, ist, dass wir die Menschen dort eingebunden haben. Es hat keine Umfrage gegeben, sondern es hat eine Vollbefragung gegeben. Alle betroffenen Eltern, alle Lehrerinnen und Lehrer wurden miteinbezogen, wurden befragt: Was wollt ihr: Soll es in diese Richtung gehen, soll es in jene Richtung gehen?

Und diesen Mut sollten wir jetzt endlich auch in Wien aufbringen, denn die Ergebnisse bitte waren: 78 Prozent der Eltern und Lehrer in Vorarlberg sagen, ja, die gemeinsame Schule bringt mehr Chancengerechtigkeit. – 78 Prozent! Vier von fünfen sind dafür, dass wir einen Schritt weitergehen, und 72 Prozent, also drei von vieren, sagen, es ist ein eindeutiger Vorteil, wenn wir Kinder später trennen. 

Kollege Rosenkranz schüttelt den Kopf, er ist nicht so überzeugt davon. – Herr Kollege Rosenkranz, die Freiheitlichen in Vorarlberg sind mit im Boot! Die sind von uns über-


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