Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll94. Sitzung / Seite 46

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

klassischen Gesamtschulidee sein sollte, einfach eine Schablone über alle drüber, und ich glaube auch nicht, dass wir mit der Abrissbirne an die AHS heranrücken sollten – da bin ich schon bei Ihnen.

Ich glaube, die SPÖ hat recht, wir müssen mit der dumpfen Zweiteilung abfahren. (Zwischenruf des Abg. Walser.) Die Grünen, aber auch wir sehen es so: weg mit der dumpfen Zweiteilung der Neun- oder Neuneinhalbjährigen!

Ich habe eine Tochter, die gerade in diesem Alter ist, und ich sehe und erlebe, wie elend das ist. Ich sehe auch, wie die Kinder der FPÖ-Politiker, der SPÖ-Politiker, der ÖVP-Politiker, der Grün-Politiker in Wien dann trotzdem ins Gymnasium drängen. Das, was wir hier herinnen im Rahmen einer ideologisierten Debatte erzählen, stimmt ja nicht mit dem überein, was wir selbst leben. Das ist ja eigentlich verlogen. Und des­wegen sollten wir das auch anders anlegen, nicht als so eine ideologisierte Debatte. (Abg. Walter Rosenkranz: Wir wollen es ja auch, die Macht der Familie und nicht die Macht des Geldbeutels!) – Ich bin noch nicht fertig.

Die SPÖ, die Grünen und die NEOS haben also recht, wenn sie sagen: Hören wir auf mit der Zweiteilung mit neuneinhalb Jahren! Das ist eine Stigmatisierung, die einfach elend ist. Bei jeder Gartenparty werden dann die Kinder, wenn es Geschwister sind, gefragt: Wohin gehst du? Aha, du gehst in das Gymnasium. Und du nicht? Wie scha­de! – Der junge Mensch hat durch diese Stigmatisierung einen Schaden fürs Leben; durch diese Stigmatisierung, die bei jeder Weihnachtsfeier, bei jeder Familienfeier statt­findet. Hören wir auf mit diesem Blödsinn! – Das regt mich wirklich auf. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die ÖVP hat, das sage ich, bevor Sie schimpfen, auch recht. Die ÖVP sagt seit Jahren und Jahrzehnten: Wir brauchen Individualisierung! – Ja, wir sind bei Ihnen, wir NEOS sind Verbündete. Wir brauchen eine vielfältige Schule, so vielfältig, wie das Leben ist und wie die Talente der jungen Menschen sind. Wir brauchen keine militärische Schab­lone. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Jetzt bitte ich Sie, sich für den dritten Weg zu öffnen, denn es gibt einen dritten Weg. Stellen Sie sich vor, der 100-jährige Kampf der Ideologien ist vorbei. Seit Otto Glöckel in dieser Stadt für die Gesamtschule geworben hat und keine Mehrheit bekommen hat, streiten wir. Seit 100 Jahren streiten wir in dieser Ideologie-Debatte. Und stellen Sie sich vor, wir beenden diesen Kampf nach 100 Jahren! Stellen Sie sich vor, die eine Seite hat recht und die andere Seite hat recht, wie wir festgestellt haben! (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Stellen Sie sich vor, es gibt, wenn beide recht haben, einen ge­meinsamen dritten Weg, und diesen dritten Weg sollten wir gemeinsam gehen.

Wir haben das auch in dem Buch „Die mündige Schule“ ausgeschildert, gemeinsam mit vielen Expertinnen und Experten. (Rufe bei der FPÖ: Welchen?! – Abg. Walser: Hallo!) – Ja, Sie haben mitgeschrieben, großartig. Ich lobe auch den Harald Walser, wir sind nicht so weit auseinander. Mir ist nur wichtig, dass wir die gemeinsame Schule als eine gemeinsame Schule der Vielfalt begreifen. Das halte ich für ganz wichtig.

Frau Ministerin! Mir ist auch wichtig, auf Folgendes hinzuweisen: Es gab im September einen „Bildungssummit der Zivilgesellschaft“, da haben sich fast 30 Initiativen zusam­mengeschlossen. Da haben sich Leute aus den verschiedensten Ecken zusammenge­schlossen, von Volksbegehren Bildungsinitiative, Industriellenvereinigung, Hilfswerk, Dia­konie, jedesK!nd, Verein Wirtschaft für Integration, Plattform EduCare, Verband der El­ternvereine an öffentlichen Pflichtschulen, Teach For Austria, Katholischer Aktion, Ös­terreichischem Rotem Kreuz, Caritas, all die sind sich einig und zeichnen diesen dritten Weg. Die sind auch bereit, den 100-jährigen Kampf hinter sich zu lassen. Die wollen mitarbeiten, die kommen aus vielen Initiativen, die tatsächlich im täglichen Leben be­weisen, dass es auch anders geht – und die sind nicht genügend eingebunden, Frau Ministerin!

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite