Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll94. Sitzung / Seite 75

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renziertes Schulwesen einfach besser gerecht als eine Gesamtschule. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe zum Beispiel, wie Sie wissen, einige Kinder, und manche waren in der Haupt­schule und sind so bis zu einem Wirtschaftsstudium gekommen, und die anderen wa­ren in der AHS-Langzeitform. Also bei mir hat das wirklich gut funktioniert. Es waren nicht zwei Typen oder Klassen, es gab auch keine Stigmatisierung, wobei das übrigens auch sozial bedenklich ist, dass Sie nur die Absolventen einer Universität für nicht stig­matisiert halten, gerade bei Ihnen sehr verwunderlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweites wichtiges Anliegen ist die Ganztagsschule, und da ergänzt sich das hervorra­gend mit Ihrer Frauen- und Familienpolitik, die zusammengenommen heißt, beide El­tern stehen dem Arbeitsmarkt vollständig zur Verfügung, der Staat übernimmt die Kin­dererziehung. Das ist Ihr Konzept, und da braucht es natürlich dann diese Institutionen. Wir dagegen meinen, der Familie steht ein Recht auf Erziehung zu (Beifall bei der FPÖ), und deswegen muss es auch eine Wahlfreiheit über die Dauer der Anwesenheit in der Schule geben.

Wir sind aber nicht nur unterschiedlicher Meinung in diesen Fragen, sondern auch in Fragen der Didaktik, was meint: Was sollen Schüler lernen und aus welchem Grund? – Das Reizwort ist schon gefallen: entrümpeln. Wir müssen entrümpeln, wir müssen weg­gehen vom sturen Auswendiglernen, von abfragbaren Wissensbeständen, üben ist über­haupt völlig unmöglich geworden. Was wir brauchen, sind Kompetenzen.

Und was heißt das jetzt? – Kompetenz heißt zum Beispiel, dass ich keine Vokabeln lerne, sondern mir die Kompetenz erwerbe, im Wörterbuch nachzuschlagen und das auch bei Prüfungen so machen kann. Und wenn ich jetzt in einer Schule bin, die auch internetmäßig auf dem letzten Stand ist, dann mache ich das mit dem internetbasierten Wörterbuch Leo, und dann freuen sich alle Lehrer. Aber so lernt man keine Sprache, so wird es schwierig, einen Text zu erfassen, da man damit beschäftigt ist, ihn über­haupt erst zu übersetzen, und jedenfalls kann man auf diesem Niveau keine Wissen­schaft betreiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Kompetenzorientierung ist natürlich auch Ihrem Misstrauen gegenüber Leistung geschuldet, und da tun Sie unrecht, denn der Mensch ist grundsätzlich schon als Kind beim Spiel leistungsbereit. Und wer den Menschen nicht fordert – nicht überfordert –, der macht ihn kleiner, als er ist.

Zum Dritten aber: Es geht also nicht nur um Kompetenzen – wir haben das jetzt schon gehört, die Frau Abgeordnete Lueger hat das Wort gesagt –, sondern auch um Habi­tus, um Einstellungen. Da ist vielleicht der Abgeordnete Schmid ein Opfer dieser Ein­stellungspädagogik geworden. Einstellungen heißt, ich mache Module, ich mache Pro­jektunterricht.

Ein Beispiel auch dazu: Die attische Polis ist uninteressant, der Übergang von der Tyrannis zur Demokratie ist egal. Ich behandle das Thema unter dem Titel Geschlech­tergerechtigkeit, und dann komme ich zum Beispiel drauf, dass in der attischen Polis die Geschlechtergerechtigkeit nicht so ausgeprägt war wie bei uns jetzt. Dann habe ich eben die notwendige Distanz dazu und dann habe ich mir den richtigen Habitus er­worben, denn sonst könnte es ja nicht sein, dass diese historische Großleistung Öster­reichs, als zweiter Staat auf der Welt eine allgemeine Schulpflicht – natürlich gegen den Widerstand vieler Familien, die die Kinder als Arbeitskräfte wollten – für Mädchen und Buben in gleicher Weise zum selben Zeitpunkt einzuführen, so beschrieben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sehen, dass Österreich vom Grund her ein absolut taugliches Schulsystem hat. Es ist differenziert und vielfältig; noch – ich betone noch – kann man im öffentlichen Schul­wesen so gute Leistungen vollbringen und Kompetenzen und Fähigkeiten erwerben,


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