Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll94. Sitzung / Seite 78

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Heute wurde bereits einige Male angesprochen: Politik raus aus der Schule! Das kann ich nur unterstreichen. Ich war 20 Jahre im Bezirksschulrat. (Abg. Walser: Jessas na! Das erklärt vieles!) Wenn wir im Bezirksschulrat so viel über Unterricht gesprochen hät­ten wie über Leiterbesetzungen, wo man einen jungen Leiter oder eine junge Leiterin braucht und wo man jemanden mit ganz einfachen Kursen positioniert, damit er die nötige Anzahl von Objektivierungspunkten hat – das ist doch nicht die Aufgabe! Und dann hat man gesagt, man löst die Bezirksschulräte auf. Jetzt sind sie Außenstellen von den Landesschulräten; da hat sich – außer Etikettenschwindel – nichts geändert. Das ist zu wenig! Leider dienen diese Einrichtungen allzu oft dem Machterhalt und nicht der Bildung und der Schule.

Frau Klubobfrau Glawischnig – sie ist leider jetzt nicht hier – hat nach meinem Dafür­halten heute mit ihrer Kategorisierung Schüler zweiter Klasse, wenn jemand nicht das Gymnasium macht und die Hauptschule besucht, Hunderttausende Facharbeiter, Ar­beiterinnen und Arbeiter diskriminiert. Ich glaube, so eine Einteilung kann man nicht machen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, so sind sie, die Grünen!) Das ist wirklich eine intensive Beleidigung der vielen wertvollen Facharbeiter – von der Friseurin bis zur Köchin, vom Automechaniker bis zum Bauhandwerker –, die oftmals, alleine weil sie aus dem ländlichen Raum kommen, gar nicht die Möglichkeit gehabt haben, ein Gymnasium zu besuchen. (Beifall beim Team Stronach.)

Da ist die Situation eine völlig andere als im urbanen Raum, wo natürlich das Schul­angebot – und nicht einmal da ist es ausreichend, wie wir von den Wiener Kolleginnen und Kollegen gehört haben – wesentlich dichter und wesentlich leichter erreichbar ist als am Land, wenn jemand irgendwo in einem abgelegenen Tal lebt. Das war aber in meiner Familie nicht der Fall. Wir haben so eine Zweiklassenfamilie – angeblich; ich sehe es nicht so, denn wir lieben alle gleich –, der Sohn hat das Gymnasium gemacht, aber die drei Mädchen nicht.

Ich bin überzeugt, für die Wirtschaft, für einen funktionierenden Staat sind alle gleich wichtig, egal, in welchem Bereich sie arbeiten. Ich habe es so oft hier an dieser Stelle gehört: Mit Bildung kann man die Arbeitslosigkeit lösen. – Na, das können wir gleich ausprobieren! Fragt einmal meinen Sohn, was es ändert, wenn er den Kühen auf La­teinisch oder auf Russisch sagt – denn darin hat er maturiert –, dass die Milch zu billig ist und er davon nicht mehr leben kann! (Beifall beim Team Stronach.)

Da muss man aufpassen, dass man nicht mit vordergründigen Argumenten eine Lö­sung in den Raum stellt, die gar keine Lösung ist, weil wir tatsächlich den Ursachen auf den Grund gehen müssen. Natürlich ist Bildung extrem wichtig, aber es müssen auch die Plätze dafür vorhanden sein. Wie oft erleben wir auf dem Arbeitsmarkt – reden Sie einmal mit Leuten vom AMS! –, dass gesagt wird: überqualifiziert, brauchen wir nicht, können wir nicht bezahlen, zu viele Kurse. Und wenn wir keinen Arbeitsplatz haben, dann schicken wir sie zur Umschulung. Das ist doch keine Arbeitsmarktpolitik! Das hat auch etwas mit Bildung zu tun, denn das ist die Fortsetzung der Schulbildung. (Beifall beim Team Stronach.)

Ein wesentlicher Punkt, und ich denke, hier sollte man noch viel mehr ansetzen, sind die Schulbibliotheken, neben der neuen Elektronik, die heute zur Verfügung steht. Wo­zu führt das? – Die Schüler haben von der ersten Klasse weg den elektronischen Rech­ner, und wenn sie im Kopf 13 mal 13 ausrechnen müssen, wie wir das früher gemacht haben, dann müssen sie das Handy herausnehmen und zu tippen anfangen, da sie nicht wissen, dass es 169 ist.

Das ist auch eine ganz gefährliche Entwicklung, und ich denke, neben der Elektronik brauchen wir gute Schulbibliotheken, brauchen wir gute Bücher, aufklärende Bücher, nicht nur historische – Geschichte ist ganz wichtig –, sondern auch welche über die Zu-


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