Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 113

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versicherung oder Pensionsbeiträge für verschiedene Personengruppen. Der Dienst­geberbeitrag zum FLAF ist in seiner Ausgestaltung zudem vergleichbar mit einem Sozialversicherungsbeitrag. Generell zeigt sich dadurch innerhalb des FLAF eine Thematik, die sich durch sämtliche sozialversicherungsrechtlichen Bereiche zieht: die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen durch Sozialversicherungsbeiträge. Gerade hier gäbe es enormes Potenzial durch die Umschichtung verschiedener Fördertöpfe - etwa auf eine Steuerfinanzierung - die Lohnnebenkosten entsprechend zu reduzieren. Weshalb beispielsweise die Wohnbauförderung - die von den Bun­desländern nicht einmal zweckgebunden verwendet werden muss - durch Sozialver­siche­rungsbeiträge finanziert wird, ist unerklärlich. Mit solchen Umschichtungen würde auch der wesentlichsten Empfehlung der EU-Kommission entsprochen werden, derzufolge Österreich im Steuer- und Abgabensystem vor allem bei der Senkung der abgabenrechtlichen Belastung des Faktors Arbeit - durch die hohen Lohnnebenkosten - enormen Aufholbedarf hat.

Gleichzeitig wissen Arbeitnehmer_innen nicht, was sie ihre Arbeitgeber_innen kosten, da die Dienstgeber_innen-Beiträge nicht abgebildet werden. Dementsprechend werden bei Kollektivvertragsverhandlungen über völlig unterschiedliche Größen verhandelt. Während die Gewerkschaft am liebsten nur über Netto-Löhne verhandeln würde, sehen Arbeitgeber_innen-Vertreter_innen die tatsächlichen Kosten, die für Arbeit­nehmer_innen anfallen. Damit wird von Seiten der Gewerkschaften vollkommen außer Acht gelassen, dass die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Belastung von Einkommen nicht exogen gegeben ist. Ein transparenter Lohnzettel bzw. die Zusam­menführung von Dienstgeber_innen- und Dienstnehmer_innenbeiträgen würde den Verhandlungen mehr Realitätssinn geben und gleichzeitig eine Kostenwahrheit brin­gen, damit auch der nötige sozialversicherungsrechtliche Reformdruck entsprechend deutlich wird.

Arbeitsrecht modernisieren

Der technische Fortschritt ändert unser Leben nahezu täglich. Insbesondere die fort­schreitende Digitalisierung bietet ein immenses wirtschaftliches Potenzial, das genutzt werden muss und auch im täglichen Leben Vorteile bringt. Um diese Potenziale optimal ausschöpfen zu können, müssen allerdings die rechtlichen Rahmenbedin­gun­gen, die den Alltag regeln, weiterentwickelt werden. Die Digitalisierung hat vor allem auch Auswirkungen auf unser Arbeitsumfeld, auf Arbeitsabläufe - darauf, wie wir arbeiten.

Das Arbeitszeitgesetz, mit dem die tägliche Arbeit von Arbeitnehmer_innen geregelt werden soll, ist allerdings nicht nur 20 sondern 46 Jahre alt. Es stammt aus der Zeit von Stechkarten und Rechenschiebern. Manuelle Tätigkeiten dominierten damals die Arbeitswelt. Grundsätzlich und mit wenigen, kompliziert geregelten Ausnahmen geht das Arbeitszeitgesetz von der Pflicht aus, Arbeitszeiten genau aufzuzeichnen. Das Arbeitsruhegesetz ergänzt dieses Regelpaket und normiert neben vielen anderen Dingen die Feiertags- und Wochenendruhe.

So stehen wir im täglichen Arbeitsleben heute vor der Situation, dass die bestehen­den Gesetze den Wünschen von Arbeitnehmer_innen und Arbeitgeber_innen nach Flexibilität und Mobilität nicht mehr gerecht werden. Junge Eltern, die sich am Abend via Home Office nochmals an die Arbeit machen, nachdem die Kinder ins Bett gebracht sind, verletzen wohl regelmäßig das Arbeitszeitgesetz https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008238(§12 AZG), weil sie die elfstündige Nachtruhe nicht einhalten. Wer am Donnerstag noch zwei Stunden Arbeit anhängt, um den Freitagnachmittag im Freien zu


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