Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 115

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Auch andere arbeitsrechtliche Regelungen führen zu einer strukturellen Benach­teili­gung insbesondere arbeitssuchender Älterer, sie stellen für beschäftigte Ältere aber auch Vorteile für ein längere Erwerbsbeteiligung dar. Als ein Hemmnis für eine erfolg­reiche Reintegration älterer Erwerbsloser in den Arbeitsmarkt müssen auch die erhöhten Kündigungsschutzbestimmungen betrachtet werden. Diese stellen einerseits für gut im Arbeitsmarkt integrierte ältere Arbeitnehmer_innen in ihren jeweiligen Jobs eine Absicherung dieser Erwerbstätigkeit dar, für jene, die im Alter von über 50 nach einem Job suchen, stellt dieser Schutz allerdings einen bedeutenden Nachteil gegenüber jüngeren Bewerber_innen dar.

Zusätzlich müssen auch entsprechende arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für ältere Arbeitnehmer_innen geschaffen werden, da sie spezielle Rahmenbedingungen brauchen, die an ihre Leistungsfähigkeit angepasst sind. Wesentlich ist, dass ein flexib­lerer Übergang zwischen Erwerbsleben und Pension geschaffen werden muss. Wie bereits kritisiert, stellen die gesetzten Alibi-Maßnahmen, wie die Einführung einer verteuerten Altersteilzeit unter dem Marketing-Label "Teilpension" keine tatsächlichen Maßnahmen in diesem Sinn dar.

Auch die höhere Anzahl und längere Dauer von Krankenständen bei älteren Arbeit­nehmer_innen bedürfen entsprechender flexibler Maßnahmen im Bereich des betrieb­lichen Eingliederungsmanagements. Insbesondere die Möglichkeit eines sanften und flexiblen Wiedereinstiegs in den Berufsalltag nach längeren Krankständen ist im österreichischen Recht nicht möglich. In Österreich ist man entweder vollkommen arbeitsfähig oder krank und nicht arbeitsfähig. Diese Schwarz-Weiß-Malerei hat für die Betroffenen keine Vorteile und führt im Übergang zwischen Krankenstand und Erwerbsleben zu enormen Belastungen, die einfach umgangen werden könnten.

Flüchtlinge am Arbeitsmarkt

Die größte gesellschaftliche und soziale Herausforderung wird die erfolgreiche Arbeits­marktintegration von anerkannten Flüchtlingen sein. Insgesamt wird 2015 mit etwa 80.000 Asylwerbern gerechnet, 2016 sogar mit 130.000. Selbstverständlich werden nicht alle hier bleiben können, dennoch ist damit zu rechnen, dass es in etwa 25.000 positive Asylbescheide jährlich geben wird. Die Herausforderung wird vor allem darin bestehen, diese Flüchtlinge mit teils niedrigen (Aus-)Bildungsabschlüssen in den Arbeits­markt zu integrieren. Diese Ausweitung des Arbeitskräftepotenzials muss keine Belastung für den Arbeitsmarkt darstellen, wenn frühzeitig Initiativen gesetzt werden und eine durchdachte Strategie durch die Regierung initiiert wird. Das was allerdings bisher in diesem Bereich gemacht wurde bzw. angekündigt wird, reicht bestimmt nicht aus. Solange (Aus-)Bildung, Anerkennungen von Schul- bzw. Berufsausbildungs­abschlüssen und Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme erst nach Erledigung des Asylverfahrens eine Rolle spielen, wird es langfristig für diese Menschen schwer, sich am Arbeitsmarkt, aber auch in der Gesellschaft zu integrieren und ein eigenständiges Leben zu führen. Die Bundesregierung vergibt hier Chancen, den Arbeitsmarkt zu bereichern und die Integration massiv voranzutreiben.

Das Pilotprojekt des AMS namens "Kompetenzcheck" ist selbstverständlich eine begrüßenswerte Initiative, aber setzt eben erst nach Abschluss des Asylverfahrens an. Es vergehen damit Monate, wenn nicht sogar Jahre der Inaktivität und damit verbunden der Dequalifizierung. Die Zeit während des Asylverfahrens könnte ohne Probleme für entsprechende Ausbildungsmaßnahmen und die Möglichkeiten der Aner­kennung von Abschlüssen genutzt werden. Wesentlich zur Vermeidung von Dequali­fizierung ist aber auch, dass Asylwerber_innen nach sechs Monaten einen effektiven Arbeitsmarktzugang erhalten, um zu verhindern, dass die gegenwärtig auch europa-


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