Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 126

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teurer kommen als kürzer gediente. Wenn man dann mit einer sechsten Urlaubswoche kommt, wie immer Sie die kompensieren wollen, wird es am Schluss so sein, dass ein 50-Jähriger sechs Urlaubswochen Anspruch hat und ein 30-Jähriger nicht. Als Arbeit­geber kann ich mir dann überlegen: Nehme ich einen, der sechs Wochen frei hat, oder einen, der fünf Wochen frei hat. (Abg. Matznetter: Der Abgeordnete Loacker ist für sechs Wochen Urlaub für alle!) – Ja, das hat er nicht gesagt, Herr Matznetter, so gut haben Sie zugehört!

Wir haben auch einen erhöhten Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer, aber nur für die, die einen Job haben, ist das ein Vorteil. Wenn Sie einen Job haben, ist es ein Vorteil, aber wenn Sie keinen Job haben und einen suchen, dann … (Zwischenruf des Abg. Wöginger sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn Sie keinen Job haben und einen suchen, dann haben Sie als Arbeitgeber ein Argument mehr, den Mitarbeiter nicht einzustellen, weil Sie sich sagen, ich will nicht noch einen Kündigungsge­schütz­ten zusätzlich bei mir im Unternehmen. Also müsste man die Regelung für alle lockern, die im höheren Alter einen Job suchen, damit man diese Insider-Outsider-Thematik aufheben kann. Wenn Sie das nicht verstehen, Kollege Wöginger, dann gebe ich Ihnen gerne einen Basiskurs im Arbeitsrecht.

Was wir gleichfalls brauchen, ist ein flexiblerer Übergang zwischen dem Erwerbsleben und der Pension. Wir brauchen jedoch nicht eine Altersteilzeit, bei der die Betriebe noch mehr ersetzt bekommen und der wir das Schild „Teilpension“ als Marketinggag umhängen. Wir brauchen eine wirkliche Teilpension, bei der Menschen einen Teil der Pension früher in Anspruch nehmen – den Teil mit Abschlägen – und einen anderen Teil später – den Teil ohne Abschläge – so, wie sie es brauchen und wie sie es mit ihrer Lebensplanung vereinbaren können.

Ältere Menschen sind naturgemäß öfter krank. Da zeigen sich die Beschwerden, Rückenschmerzen oder andere Leiden. Die Wahrscheinlichkeit von Schlaganfällen, Herzinfarkten steigt mit fortschreitendem Alter. Es sind oft Erkrankungen, bei denen man länger ausfällt, bei denen man wochenlang vom Arbeitsplatz weg ist. Da brauchen wir eine Möglichkeit, die es erlaubt, dass jemand flexibel wieder in den Arbeitsprozess einsteigt – und nicht von null auf hundert starten muss. Wir nennen das Teil­arbeits­fähigkeit, wenn jemand, der sechs oder zehn Wochen krank war, nicht von heute auf morgen wieder kommen muss, sondern auch teilweise gesundgeschrieben werden kann, sodass er für ein paar Stunden pro Woche wieder ins Arbeitsleben eintritt. Österreich kennt da nur eine Alles-oder-nichts-Lösung: Entweder sind Sie gesund oder krank. Dazwischen gibt es nichts. Das geht jedoch am wirklichen Leben vorbei. Das kann man vielleicht als Gewerkschafter anders sehen.

Man muss auch die andere Seite sehen, jene der Mitarbeiter, und sich fragen: Welche Erwerbsanreize setzt unser System? Es ist immer noch so – und auch nach der Tarifreform im Jänner wird es so sein –: Wenn ein Durchschnittsverdiener 100 € Gehaltserhöhung bekommt, dann bleibt ihm davon ungefähr die Hälfte. Welcher Leistungsanreiz ist das, wenn mir die Hälfte von allem, das ich bekomme, die Republik wegfrisst?

Noch schlimmer ist es, wenn Sie Teilzeitkräfte haben, die sich überlegen, ob sie mehr arbeiten sollen, ob sie statt 40 Prozent, 50 Prozent Teilzeit auf 70 Prozent oder 80 Prozent erhöhen wollen. Da rentiert sich die Mehrarbeit nicht. Sie haben da ein System konstruiert, das Leistung nicht honoriert!

Ähnlich ist es bei der Mindestsicherung. Da gibt es auch zu wenige Erwerbsanreize. Es gibt einen kleinen Freibetrag, wenn einer aber mehr arbeiten geht, wenn er mehr ins Verdienen kommt, hat er nichts davon, weil ihm dann 1 : 1 die Mindestsicherung gekürzt wird.

 


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