Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 258

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gebracht: Das ORF-Gesetz wurde beschlossen, Barrierefreiheit muss geschaffen wer­den.

Damit hier auch überall diese Information verbreitet wird: Untertitel gibt es schon seit Jahrzehnten. Bis 2009 haben wir uns im Bereich von 35 Prozent bewegt. Jetzt, nach dem Gesetzesbeschluss, liegen wir bei 75 Prozent, sprich: Gehörlose Menschen erfahren 75 Prozent untertitelt. Aber für blinde Menschen gibt es noch viel zu wenig an Audiodeskription. Es braucht mehr an Audiodeskription und an Audiokommentaren. Bis zu diesem Gesetz damals gab es nur 1 000 Stunden mit Audiodeskription; jetzt sind wir schon bei 8 000. Das klingt nach wahnsinnig viel, diese achtfache Erhöhung, aber wissen Sie, von wie viel Prozent wir da sprechen? – Von knapp 3 Prozent des gesam­ten Angebots, die audiodeskribiert werden!

Es wurde 2003 gesagt: Gehörlose Menschen und sehbehinderte Menschen müssen den gleichen Betrag bezahlen. – Sie bekommen aber weniger Leistung, da der Zugang nicht gewährt ist: Voller Betrag für nicht volles Angebot! Natürlich hat es auch politische Gründe, dass das so passiert ist. Es gibt einen öffentlich-rechtlichen Auftrag: Der ORF ist verpflichtet, für alle Menschen die gleiche Information, den gleichen Zugang zu gewährleisten. Das ist eine Pflicht, das ist die Aufgabe, der man nachkommen muss. Man darf hier nicht Personengruppen ausschließen.

Damit wären wir auch schon beim Thema Publikumsrat: Sie wissen, im Publikumsrat sind Menschen in stellvertretenden Funktionen. Auch der Bundeskanzler bestimmt mit über die Positionen derjenigen, die dort sitzen dürfen. Frauen reden für Frauen, junge Menschen für junge Menschen und Senioren für Senioren. Es ist aber niemand Betroffener von der Gruppe der Menschen mit Behinderung vor Ort zu sehen!

Hierin ist auch ein Verstoß gegen die UN-Konvention zu sehen, denn wenn dort über Behindertenpolitik gesprochen wird, sollten das auch Betroffene tun. Das ist momentan nicht der Fall, und das ist auch nicht in Ordnung. Die Zeiten sind vorbei, in denen nicht behinderte Menschen für behinderte Menschen gesprochen haben! Der ORF muss dort Menschen mit Behinderung inkludieren und auch der Anstellungspflicht folgen. Dies ist bis dato noch nicht passiert.

Auch der barrierefreie Zugang ist bis dato noch nicht geschaffen. Und das Dritte ist: Der Stufenplan des ORF muss überprüft werden. Werden die Ziele erreicht, sprich 100 Prozent Barrierefreiheit, wird das geschafft oder nicht? – Hier gibt es keine Person, keinen Behindertenbeauftragten, der dies überprüft.

Die Medien sind verpflichtet, Menschen mit Behinderungen auch mehr in die Öffent­lichkeit zu bringen, sie nicht zu verstecken und nicht zu sagen: Die armen Menschen, die armen behinderten Menschen, zeigen wir sie nicht, verstecken wir sie! Und wenn sie dann irgendwann einmal Arbeitnehmer werden, streichelt man ihnen über die Köpfe und sagt: Ja, bist halt arm, bist halt arm!

Diese Zeiten sind vorbei! Man braucht hier niemanden mehr zu verstecken. Das sind Kunden, das sind Bürger mit gleichen Rechten; sie sind auch Dienstgeber und Dienstnehmer. Wichtig ist: Das muss auch in den Medien präsentiert werden! Das geht nach außen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Deswegen muss der Publikumsrat geändert werden. Er muss außerdem barrierefrei gestaltet werden. Es ist auch eine Aufgabe des Bundeskanzlers, dafür zu sorgen, dass nicht andere Menschen, die nicht davon betroffen sind, in dieser Rolle dort sitzen. Es müssen auch die Personen, die betroffen sind, dazu etwas zu sagen haben.

Noch ganz kurz zur Valorisierung des Pflegegelds: Selbstverständlich, ja, im europa­weiten Vergleich gibt es in Österreich das Pflegegeld, in anderen Ländern gibt es das nicht, jedoch haben wir hier einen anderen Lebensstandard, dem müssen auch Men-


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