Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 67

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dass die beiden echten EU-Institutionen, die EU-Kommission und das EU-Parlament, schon lange einen akkordierten Plan, der auch konkrete Lösungen wie die solidarische Quotenverteilung vorsieht, haben.

Die im Rat der Europäischen Union vertretenen Regierungen aber – und damit die Na­tionalstaaten – sind es, die ihre Kompetenz nicht auf die besser geeignete Ebene der Europäischen Union jeweils abgeben möchten und durch ihre jeweilige nationale Eng­stirnigkeit natürlich jedwede Lösung verhindern.

Die Regierungen sind aber jetzt gefordert und müssten jetzt Führungsstärke zeigen, damit die Menschen im Land auch spüren, dass sie die Situation unter Kontrolle ha­ben. Und dazu braucht es ein Miteinander auf allen Ebenen. Gute Führung bedeutet ein gemeinsames Suchen nach und ein gemeinsames Umsetzen von Lösungen. Dies umfasst sowohl die nationale Ebene zwischen Bund, Ländern und Gemeinden als auch die EU-Ebene zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Institutionen. Wir können – und ich glaube, das ist uns allen völlig klar und bewusst – nur als gesamte Europäische Union eine Verbesserung der Situation vor Ort bewirken, um den Menschen in bezie­hungsweise nahe ihrer Heimat eine Perspektive zu geben.

Ich unterstütze das, was heute der Herr Bundeskanzler gesagt hat, und ja, das erfor­dert eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Ohne militärische Achse beziehungsweise eine gemeinsame europäische Armee wird es nicht gehen. Das Geld, das wir hierfür aufwenden würden, wäre wesentlich besser investiert als in alle Zäune an allen Binnen- und auch Außengrenzen. Zum einen ist völlig klar, dass wir nicht alle griechischen Inseln mit einem Zaun umgrenzen können, und verzweifelte Menschen werden immer einen Weg finden, physische Barrieren zu überwinden. Und ohne Frieden in Syrien und eine Verbesserung der Lage vor Ort wird der Flüchtlings­strom nicht abreißen. Wir sollten uns jetzt, sofort überlegen, was denn unser Plan für 2016 und die nächsten Jahre ist.

Parallel zu dieser Diskussion mit Langzeitcharakter brauchen wir auch eine Lösung für die humanitäre Katastrophe, die sich für diesen Winter abzeichnet. Wir fordern völlig begründet immer die Solidarität aller EU-Mitgliedstaaten. Auch ich fordere das. Gleich­zeitig bin ich mir aber dessen bewusst, dass wir ÖsterreicherInnen Solidarität von den anderen Ländern fordern, im eigenen Land zwischen den Bundesländern und den Ge­meinden aber sehr große Probleme haben, diese Solidarität auch zu leben. Wenn wir als MahnerInnen für Solidarität auf europäischer Ebene irgendetwas bewirken möch­ten, dann müssen wir hier in Vorleistung gehen, damit die anderen Länder uns auch ernst nehmen.

Diese Vorleistung zu erbringen ist machbar und wird in Österreich von der Zivilgesell­schaft bravourös geleistet. Die Situation selbst ist beherrschbar und absolut kein Grund zur Panik. Selbst wenn die vorhergesagten 3 Millionen Flüchtlinge nach Europa kom­men, kann ein Kontinent mit über 500 Millionen das sehr leicht bewältigen. Wir müssen nur wollen und uns organisieren.

Wenn aber die Regierung aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht will, dann soll sie zumindest nicht im Weg stehen und die Arbeit der vielen Freiwilligen, bei denen ich mich hier ausdrücklich bedanke, nicht auch noch erschweren. Wir kennen viele Fälle, wo die Unterstützung nur daran scheitert, dass behördliche Hürden aufgebaut werden. Und einer dieser Fälle ist unser Nationalratsabgeordneter Sepp Schellhorn. Er muss sein Flüchtlingsprojekt in Bad Gastein einstellen, denn der Bürgermeister verweist da­rauf, dass die Flüchtlingsquote schon übererfüllt sei. Der Bürgermeister der ÖVP hat also dieses Projekt abgedreht. So viel zur christlichen Nächstenliebe.

Sepp Schellhorn hat sich um das Quartier, um Deutschkurse, um Ausbildungsplätze selbst gekümmert. Und die Frage ist: Was passiert nun mit diesen Flüchtlingen? Und


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