Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 66

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Und am 1. Mai singen Sie dann die Internationale und rufen: „Hoch die internationale Solidarität!“ Jedes Jahr!

Aus europäischer Perspektive muss ich sagen: Wir stehen vor einer Krise, und das ist keine Flüchtlingskrise, sondern eine Europakrise. Ein geflügeltes Wort wurde ja: Schaf­fen wird das? Schafft Europa das?

Ich verstehe die Konservativen und die Nationalisten in dieser Debatte nicht. Haben Sie überhaupt keinen Stolz, keinen Nationalstolz? Es sind eine Million Flüchtlinge nach Europa gekommen. Übrigens, Kollege Lopatka, Ihre Zahl ist um 300 Prozent falsch, denn die Türkei versorgt nicht 600 000, sondern 2 Millionen Flüchtlinge. Die Türkei ver­sorgt 2 Millionen Flüchtlinge! (Abg. Lopatka: Über die Türkei gekommen sind 600 000, habe ich gesagt! Zuhören!) Wenn dieses Jahr eine Million gekommen ist und nächstes Jahr eine Million in die gesamte Union kommen wird, dann leistet die gesamte Union das, was die Türkei leistet. Haben Sie keinen Stolz zu sagen: Wir können das, wir schaffen das, wir sind so leistungsfähig!? Sie, die Leistungsbewussten, die Könner, Sie glauben, dass Österreich das nicht schafft und Österreich das nicht hinbringt? (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben eine ziemlich schlechte Meinung von der österreichischen Bevölkerung, wenn Sie glauben, dass sie das nicht schafft, was ein Bruchteil dessen ist, was die tür­kische Bevölkerung schafft. So kann es nicht sein.

Jetzt fahren Sie zu einem Gipfel, zu einem europäischen Gipfel, wo die Verteilungs­politik besprochen werden soll, Herr Bundeskanzler. Dort wird das Problem fortgesetzt, das ist eine Krise der Nationalstaaten. Eine Landeshauptleutekonferenz mit 28 Landes­hauptleuten, die sich nicht darauf einigen kann, wie dieses Problem gelöst werden soll, wird wieder keine Lösung zustande bringen, weil sie nicht wollen und alle 28 nur eines egoistisch wollen: möglichst wenig selbst leisten in dieser Frage. Ich würde mehr Leis­tungsbewusstsein … (Ruf bei der FPÖ: Was ist Ihre Lösung?)

Meine Lösung? – Meine Lösung ist, Menschen, die kurz vor dem Ersaufen sind, zu ret­ten. Das ist meine Lösung. Ich würde jeden einzelnen Menschen retten. Punkt. (Beifall bei den Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich nehme Ihre Angst zur Kennt­nis, ich würde trotzdem jeden Menschen retten.

Jetzt geht es also darum, Zäune zu bauen. Gestern hat Slowenien angekündigt, auch einen Zaun haben zu wollen. Der nächste Zaun in Europa! Wir bauen jetzt zwischen unseren Nationalstaaten weitere Zäune, weitere Grenzen. Wir machen damit Europa kaputt.

Herr Bundeskanzler, Sie gehen jetzt zu diesem Treffen, um die Zaunfrage zu verhan­deln. Ein Zaun – und ich sage das als Burgenländer am Eisernen Vorhang – ist ein Symbol der Unfreiheit. Wir brauchen ein Symbol der Freiheit. Wenn Sie zu dieser Zaunverhandlung gehen, setzen Sie sich dafür ein, dass das nicht kommt! Verhindern Sie einen Zaun in Europa, sperren Sie uns nicht in einen Käfig, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen. – MEP Reimon überreicht Bundeskanzler Faymann einen Bol­zenschneider.)

11.22


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt das Mitglied des Europäi­schen Parlaments Dr. Mlinar. – Bitte.

 


11.22.21

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Angelika Mlinar, LL.M (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Spoštovane dame in gospodje! Überall wird auf die Überforderung der Europäischen Union hingewiesen. Tatsache ist aber,


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