Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 70

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auch europäischen Firma. Außerdem war in diesem Jahr erneut zu lesen, dass die EU knapp 600 000 Tonnen Geflügelfleisch nach Afrika exportiert – zu Spottpreisen, mit denen die afrikanischen Geflügelhändler nicht mehr mithalten können. Sie müssen da­her ihre Betriebe zusperren.

Sehr geehrte Damen und Herren, so schaut die augenblickliche Beziehung der EU zu Afrika aus. (Abg. Kogler: Richtig!) Da brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn sich die Menschen, deren Umwelt wir mit zerstören und deren Arbeitsplätze wir mit zerstö­ren, auf den Weg zu uns machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Daher finde ich es höchst notwendig und sehr wichtig, dass sich heute die Staats- und Regierungschefs der EU mit ihren afrikanischen Kollegen und Kolleginnen treffen und diese Dinge auch ansprechen werden. Der Ansatz ist ja richtig, nämlich die Fluchtursa­chen zu bekämpfen und nicht die Flüchtlinge, was ja jetzt immer wieder geschieht. Ich befürchte aber, wenn wir nicht auch grundsätzlich etwas an unseren wirtschaftlichen Beziehungen zu Afrika verändern, dann werden diese Vorhaben womöglich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein.

Wie gesagt, der Ansatz ist richtig und notwendig, die Flüchtlingsfrage vor Ort, in den Herkunftsländern, mit den Herkunftsländern, mit den Nachbarländern und mit den Tran­sitländern zu lösen. Dazu gehört auch die finanzielle und materielle Unterstützung der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarländern, woran sich Österreich ja jetzt mit 26 Mil­lionen € beteiligt. Das sind 11,5 Millionen € für den EU-Syrien-Fonds, 5 Millionen € für das World Food Programme, 5,5 Millionen € für den UNHCR, 1 Million € für diverse Organisationen der UNO und 3 Millionen € für Afrika-Projekte. Da müssen wir darauf achten, dass die Gelder rasch bei den Flüchtenden ankommen und dass sich an den Hilfen auch wirklich alle EU-Staaten solidarisch – das Wort Solidarität ist schon oft ge­fallen – beteiligen.

Auch in der Frage, wie wir mit den Flüchtlingen umgehen, die nach Europa kommen, kann es nur eine gemeinsame europäische Lösung geben, wenn wir den freien Schen­gen-Raum, wenn wir den gemeinsamen Wirtschaftsraum und die EU insgesamt nicht aufs Spiel setzen wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, nationale Abschottung, womöglich durch Mauern oder Zäune, und Alleingänge, im Zuge derer man die Probleme einfach auf den Nachbarn abschiebt, zerstören wichtiges Vertrauen. Das ist reinstes Gift für das friedliche Zusam­menleben der Staaten in Europa und wäre ein enormer wirtschaftlicher, gesellschaftli­cher und politischer Rückschritt. Probleme anderen umzuhängen oder auf Kosten des Nachbarn zu lösen, schafft langfristig keine Ordnung und auch keine Sicherheit, son­dern bringt mehr Instabilität, mehr Chaos und mehr Unfrieden, und wir wollen ja unse­ren sozialen Frieden nicht gefährden – nicht in Österreich und nicht in Europa.

Mit Sorge müssen wir beobachten, wie sich die nachbarstaatlichen Beziehungen am Balkan zunehmend verschlechtern. Das kann nicht die Zukunft Europas sein. Dem müs­sen wir entgegenhalten.

Eine vernünftige Lösung kann also nur darin liegen, dass wir gemeinsam die Fluchtur­sachen bekämpfen, dass wir gemeinsam unsere Außengrenzen schützen und kontrol­lieren und legale Einreisemöglichkeiten schaffen und dass wir uns gemeinsam und so­lidarisch um die Flüchtlinge kümmern, die ein Recht auf den Schutz in Europa haben, das heißt, dass wir die Transitländer auf dem Balkan nicht im Regen stehen lassen und dass wir auch eine faire Verteilung der anerkannten Flüchtlinge auf alle EU-Staaten brauchen – und das nicht irgendwann, sondern sehr rasch. Da werden wir auch gegen­über den jetzigen Aufnahmeverweigerern, die sehr oft auch EU-Nettoempfänger sind,


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