Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 203

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von Kuren gibt, die von den Krankenkassen bezahlt werden, dann rentiert es sich, an­zuschauen, ob dann, wenn alle gleich viel bezahlen, auch alle das Gleiche bekom­men – so wie es der Kollege Schopf vorher behauptet hat –, das ist nämlich nachweis­lich nicht der Fall. Es ist eine Lotterie, ob man im richtigen Bundesland wohnt und beim richtigen Träger versichert ist.

Etwas anders sind die Sozialversicherungsträger, die mehrere Sparten betreuen – näm­lich Krankenversicherung und Pensionsversicherung –, zu betrachten; aber auch dort rentiert sich ein Blick. So hat bei der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirt­schaft pro Jahr jeder zwölfte Versicherte eine Kur, bei der Versicherungsanstalt öffent­lich Bediensteter, bei der BVA, jeder sechste und bei den Eisenbahnern fast jeder vier­te. Da kann ich von einer Gleichbehandlung in diesem System leider nichts sehen.

Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat einen raffinierten Pressesprecher. Der hat dann versucht, zwischen Kur und heilklimatischem Erholungsaufenthalt zu dif­ferenzieren, und er hat sich so die eigenen Zahlen schöngerechnet und dann dazuge­sagt, dass für Kuren eigentlich die Pensionsversicherungsanstalt zuständig sei. Ich be­danke mich bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse für die Einsicht, dass es vernünftig wäre, das Thema bei einem Träger zusammenzuführen und nicht auf 20 So­zialversicherungsträger zu verstreuen, weil dann vielleicht auch das Auswerten der Da­ten ein bisschen einfacher wäre.

Welchen Schluss ziehen wir jetzt aus dieser Anfragebeantwortung? – Es ist offensicht­lich, dass sehr viele Menschen auf Kur gehen; doch so schlecht sind die Österreiche­rinnen und Österreicher nicht beisammen, dass sie ständig in dieser großen Zahl kör­perlich saniert werden müssten.

Wir glauben, dass die Gesundheitsreform, die die Frau Bundesministerin betreibt – und die sie gar nicht in dem Tempo betreibt, wie ich mir das wünschen würde –, mit den Primärversorgungszentren eine gute Möglichkeit bieten würde, Dinge auch in den am­bulanten Bereich zu verlegen, die jetzt im stationären Bereich gemacht werden, denn, wenn man jemanden wegen Bluthochdrucks auf Kur schickt und der dort alle mögli­chen Behandlungen erfährt, dann wird das nichts nützen, wenn der drei Wochen in ei­nem Kurzentrum kaserniert ist, sondern das, was man erreichen muss, ist, dass so je­mand seine Lebensgewohnheiten ändert. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belako­witsch-Jenewein und Mückstein.) Das geht leichter, wenn man ihn regelmäßig im ambulanten Bereich bestellt. Das gilt sicher auch für viele andere Leiden zum Beispiel des Bewegungsapparates und so weiter.

Der Grund, warum trotzdem nichts passiert, ist natürlich auch ein Wirtschaftsfaktor. Da gibt es den ÖVP-dominierten Verband der Heilbäder und Kurorte. Die wollen natürlich ihre Heilbäder und ihre Kurzentren voll haben, und die sind darauf angewiesen, dass die Sozialversicherungsträger jedes Jahr eine Mindestzahl an Personen auf Kur schi­cken. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das muss Ihnen ja gefallen, wenn die Wirtschaft floriert!) Die Sozialversicherungsträger haben natürlich auch eine Menge Geld in eige­nen Einrichtungen verlocht, die als Kurzentren herumstehen, die aber auch gefüllt sein wollen.

Es geht auch wieder um die Logik von Rot-Schwarz: Da haben wir überall Zentrums­leiter und Direktoren, da gibt es einen Haufen Geld und Posten zu verteilen, und da ist man nicht bereit, zu sparen. Deswegen ist man auch nicht bereit, zu hinterfragen, was diese vielen Kuren, die wir machen, erstens kosten, zweitens bringen, drittens, ob es Miss­brauch geben könnte, viertens, ob es Personen gibt, die besonders oft dorthin gehen, und fünftens, warum die öffentlich Bediensteten so oft dorthin gehen, die sicher kör­perlich weniger belastende Berufe haben als die werktätige Bevölkerungsgruppe der Ar­beiter.

 


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