Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 213

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Wir haben heute hier diskutiert, welche Erleichterungen wir schaffen wollen oder kön­nen, wenn es darum geht, Privatengagement zu unterstützen. Wir haben ja jetzt die Si­tuation, dass es einerseits die organisierten Quartiere gibt. Das ist vielleicht nicht all­gemein bekannt: Ab 15 Personen wird das üblicherweise gemacht. Oder es gibt aber auch die Möglichkeit, sehr wohl einfach Einzelzimmer zu vermieten. Und das ist auch ein Teil der Debatte: Welche Bedingungen gibt es, wenn Menschen in Österreich sa­gen: Ja, wir machen das, wir, eine Studenten-WG, nehmen einen Flüchtling bei uns zu Hause auf!? Oder man vermietet ein Zimmer, man vermietet eine Wohnung.

Da ist derzeit die Situation nicht optimal, möchte ich einmal sagen. Wir haben bei mir im Ort eine Zeltstadt, in Krumpendorf am Wörthersee, ich bin dort zuständiger Flücht­lingsreferent der Gemeinde. Dort sind 240 Menschen im Zelt, wir haben aber logischer­weise auch Quartiere, jetzt gerade wieder ein Quartier für 30 Frauen und Kinder, also Familien. Wir haben noch ein weiteres Quartier. Wir haben bei 3 400 Einwohnern 10 Pro­zent Flüchtlinge im Ort, ohne nennenswerte Probleme. Ganz im Gegenteil! Es hat sich hier wirklich sehr, sehr viel getan.

Was auffällt – und das sind einige Anmerkungen, die ich loswerden möchte –: Viele der Flüchtlinge haben nicht die erforderliche weiße ID-Karte, die aber notwendig ist, wenn man sie privat unterbringen möchte. Das hat einfach mit einer Überlastung zu tun. Das sind so ähnliche Karten wie diese Karten, die wir als Parlamentarier haben. (Der Red­ner hält seinen Parlamentsausweis in die Höhe.) Wenn einmal geklärt ist, dass das Asylverfahren läuft, bekommen die Flüchtlinge eine weiße ID-Karte. Und nur diese wei­ße ID-Karte erlaubt es, dass man dann auch private Mietverträge abschließt.

Ich habe ganz viele Menschen in den letzten Wochen und Monaten getroffen, die über­haupt keine Ausweisdokumente hatten, die weder die grüne Karte noch die weiße Kar­te hatten, sondern nur irgendeinen Kaszettel und dann wochenlang mit diesem Kaszet­tel herumgerannt sind. Somit war es nicht möglich, Mietverträge abzuschließen. Diese Situation besteht auch jetzt noch. Das hat mit ganz banalen Gründen zu tun, nämlich dass der erforderliche Drucker, der diese Plastikkarten ausdruckt, nur 30 Stück am Tag ausspuckt. Da könnte man sich vielleicht einmal einen zusätzlichen Drucker anschaf­fen – nur so als konstruktiver Vorschlag.

Was derzeit auch von den Strukturen sehr befremdet, ist Folgendes: Wenn man einen privaten Zimmermietvertrag abschließt, muss man einen vergebührten Mietvertrag vor­legen. Vergebührter Mietvertrag heißt, man muss sich mit einer Nummer beim Finanz­amt registrieren. Das geht übrigens nicht telefonisch, das geht nicht per E-Mail. Man muss das per Fax oder auf dem Postweg machen, das dauert eine Woche.

Jetzt muss ich allen Leuten sagen, die überlegen, einem Flüchtling ein Privatzimmer zu geben: Ja bitte, schick einmal ein Fax nach Wien, dann bekommst du nächste Woche deine Nummer zugeteilt! Also das wird teilweise schon sehr, sehr absurd: vergebührte Mietverträge, wo es eh nur um vielleicht 20 € Miete geht, denn der Wohnkostenbeitrag, der gezahlt wird, ist 110 € im Monat. Da reden wir von Mietverträgen mit 20 € Miete und 90 € Betriebskosten. – Nein, es muss vergebührt werden. Es müssen zweiseitige Formulare ausgefüllt werden. Das schreckt manche ab, hält sie nicht ab, aber verzö­gert so manches.

Was bei der privaten Unterkunft sehr stark ein Thema ist, ist die Mobilität, vor allem im ländlichen Raum. Die Menschen leben ja von 180 € im Monat. Mit 180 € im Monat ist es kaum möglich, sich ein Busticket zu kaufen. Das geht einfach nicht. Das heißt, wir haben ein Riesenthema, wenn Flüchtlinge zum Beispiel einen Kurs, einen Deutschkurs irgendwo besuchen wollen, manche auch als außerordentliche Studierende an der Uni­versität sind, dann ist die Mobilität nicht sichergestellt. Das heißt, es drängen naturge­mäß alle in die Stadt, der Aufenthalt im ländlichen Raum wird dadurch ein bisschen ein Problem.

 


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