Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 229

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hält man aus. Am Ende wird ja die Wahrheit siegen und nicht die Schnelligkeit. (Abg. Peter Wurm: Das hoffen wir auch!)

Die Frau Präsidentin hat zu dieser Enquete-Kommission „Stärkung der Demokratie in Österreich“ geladen. Diese Enquete hat getagt, und erste Vorschläge liegen nun vor.

Ich beziehe mich hier auf den Mehrheitsbericht der Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP, und Reform ist ganz einfach angesagt, möchte ich hier sagen. Da geht es mir erstens einmal darum, dass politische Prozesse transparenter ablaufen. Es gibt da ei­ne klare Bringschuld der Politik, es geht um die Einbindung der Bürgerinnen und Bür­ger.

Dazu gibt es zwei Punkte: Information und Partizipation.

Ich glaube, bei der Abschaffung der strengen Amtsverschwiegenheit in Österreich sind wir auf einem guten Weg. Die Schaffung eines Grundrechtes auf Zugang zur Informa­tion ist da ein wesentliches Element. Dass es im Regierungsprogramm steht, ist schon gesagt worden. SPÖ und ÖVP haben den entsprechenden Antrag durch die Abgeord­neten Wittmann und Gerstl im Verfassungsausschuss eingebracht, er ist behandelt wor­den und ist jetzt in Begutachtung. Das wird ein ganz wesentlicher Fortschritt sein, was die Information betrifft.

Zur Partizipation: Es geht um die frühzeitige Einbindung von Bürgern und Bürgerinnen in die Schaffung eines neuen Gesetzes. Kollege Cap hat schon auf das finnische Mo­dell Bezug genommen: Erfahrungen bisheriger Regelungen werden von Bürgerinnen und Bürgern in einer Online-Plattform eingebracht, Ideen und Vorstellungen, aber auch Informationen über Grundsätze eines neuen Gesetzesprojekts seitens des Gesetzge­bers. Da werden Argumente ausgetauscht, und dieser Input wird dann durch Fachleute evaluiert und fließt in die Debatte des Parlaments bei der Gesetzeswerdung ein. Der englische Fachausdruck Crowdsourcing ist ja mittlerweile schon ziemlich bekannt. Das heißt, das Volk wird hier als Quelle der Erkenntnis genützt.

Nun zum Begutachtungsverfahren: Selbst grüne Abgeordnete haben ja den Fortschritt, den es da geben soll, sehr gelobt. Dabei geht es tatsächlich um eine Öffnung des Be­gutachtungsverfahrens, das heißt, ebenfalls primär über eine Onlineplattform können Bürger und Bürgerinnen Stellung beziehen, genauso wie offizielle Dienststellen. Das heißt, es werden Anmerkungen gemacht, und diese Anmerkungen können von der Öf­fentlichkeit auch kommentiert und weiterentwickelt werden.

Im Bericht der Enquete-Kommission haben SPÖ und ÖVP Reformen angekündigt. Für mich als einen Sozialdemokraten ist dabei insbesondere die Barrierefreiheit wichtig, al­lerdings Barrierefreiheit im weitesten Sinn des Wortes. Barrierefreiheit heißt ganz ein­fach: keine komplizierte EDV mit Passwörtern, barrierefrei heißt weiters, Amtschine­sisch nach Möglichkeit zu vermeiden, Barrierefreiheit heißt aber auch Verwendung ei­nes niederschwelligen Zuganges, um möglichst vielen Menschen den Zugang zur Ge­setzwerdung zu ermöglichen.

Die direkte Demokratie ist ja nur ein Aspekt des Themas der Enquete-Kommission „Stär­kung der Demokratie“. Ich glaube auch, dass es ein guter Beginn ist, dort mit direkter Demokratie anzusetzen, wo die Themen sehr, sehr nahe bei den Menschen sind: wo es um das Zusammenleben geht, um die Bauordnung, das Gemeinderecht, das Bau­recht, Verkehrsfragen. – Die Stadt Wien hat das ja schon mit fünf Fragen eben bei der Volksbefragung von 2010 vorgelebt.

Manchen geht das zu langsam, was hier geschieht. Ich darf das relativieren mit einem ironischen Zitat von Helmut Schmidt, der heute schon zitiert worden ist. Helmut Schmidt hat gemeint, „das Schneckentempo ist das normale Tempo jeder Demokratie“, und macht sich selbst darüber lustig. Was meint er damit? – Wir als Demokraten und Demokratin-


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