Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 93

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gefunden haben, und ich denke, dass sich diese auch eingliedert in die österreichische Rechtstradition.

Bestimmen, was stattfindet, wird nicht der Mäzen! (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Das ist in einer Demokratie immer noch diesem Haus und der Regierung vorbehalten, denn wir agieren nicht nach dem Motto: Wer das Geld hat, schafft an! – Ich weiß schon, die FPÖ als Millionärspartei will das allemal, siehe Bankgeheimnis, siehe Ver­mögenssteuer. Wir kennen Ihre Position. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

14.33


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. – Bitte.

 


14.33.07

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Österreich braucht, ähnlich wie die Schweiz und Deutschland sie schon haben, mehr gemeinnützige Stiftungen. Der Staat ist offenbar nicht mehr in der Lage, alle seine Aufgaben zu erfüllen. Wir sehen das im Zusam­menhang mit der Versorgung von Flüchtlingen genauso wie in der Forschung, im Umweltbereich und nicht zuletzt auch in der Kultur. Vielleicht hat der Staat all diese Aufgaben nie erfüllen können. Eine breitere Zivilgesellschaft mit Steuererleichterungen zu unterstützen ist deshalb richtig. Das ist sicher das Positive an diesem neuen Gesetz, wir dürfen aber die negative Seite nicht unbeachtet lassen.

Der demokratisch legitimierte Staat gibt nämlich mit diesem Gesetz wieder ein bisschen mehr an Regulierungsmöglichkeiten an die Privaten ab. Das wäre jetzt so weit noch keine wirkliche Kritik, aber er gibt sie vor allem an die Wohlhabenden und an die wirtschaftlich florierenden Konzerne ab, denn nur diese sind in der Lage, auch wirklich den Notwendigkeiten und ihren Möglichkeiten entsprechend Spenden zu lukrieren und zu donieren. Das heißt, dass Steuererleichterungen zwar für alle gleich gelten, aber letztlich in der Praxis nur von denen genutzt werden, die einen Über­schuss haben, und das sind nicht die, die sich ums Überleben und ihren Lebens­standard kümmern müssen, sondern das sind die, die den Überschuss tatsächlich haben und ihn daher auch absetzbar machen können. Das sind Wirtschaftsbetriebe, die florieren, und das sind reichere Private, die daher in Zukunft mehr als bisher bestimmen, was an gemeinnützigen Einrichtungen zu unterstützen ist. Das ist natürlich so etwas wie ein Mäzenatentum, Herr Kollege Matznetter, da können wir das drehen und wenden, wie wir wollen.

Herr Staatssekretär Mahrer, Sie haben im Ausschuss davon gesprochen, dass die Spendenbereitschaft in Österreich gleichmäßig verteilt ist, und haben das am durch­schnittlichen Aufkommen von 144 € pro Person im Jahr 2013 – im Jahr 2014 waren es 112 € – zu erklären versucht, aber ich glaube, eine durchschnittliche Zahl ist für solch eine Argumentation nicht wirklich geeignet. Wenn wir zehn Personen annehmen, die einen Euro spenden, und eine Person spendet 100 €, dann sind das zusammen 110 € und wir haben ein durchschnittliches Spendenaufkommen von 11 €. In Wirklichkeit ist es jedoch so, dass nur einer 100 € gespendet hat.

Wenn wir das jetzt auf die tatsächliche Gesetzeslage umlegen, dann bedeutet das, dass die, die ordentlich spenden, natürlich mehr bestimmen, was an gemeinnützigen Einrichtungen gefördert wird, und das ist schon etwas, was Sie ja genauso bedenken müssen wie, dass das neue Gesetz auch die bereits stärkeren Stiftungen und Vereine noch mehr fördert und die Großen und Bekannten noch einmal stärkt. Diese sind ja mit ihren Möglichkeiten in der Lage, Werbung zu betreiben und daher Spenden zu lukrieren. Das heißt, wir stärken auch im NGO-Sektor wiederum die Starken, und alle


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