Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 154

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medial, aber auch politisch sehr, sehr ausführlich diskutiert, was alles im Strafvollzug falsch läuft, dass es zu so einem Vorfall kommt.

Dieser Vorfall ist ja kein Einzelfall! Ich habe mir die Zahlen noch einmal angeschaut: Im Jahr 2013 ist es im Strafvollzug insgesamt zu 710 Übergriffen unter Häftlingen gekommen. Davon waren 14 Übergriffe sexueller Natur, und von diesen 14 sexuellen Übergriffen haben sieben sexuelle Übergriffe unter jugendlichen Gefangenen stattge­funden. Da ist ganz klar, dass das ein Auftrag an die Politik ist, zu handeln, zumal davon auszugehen ist, dass diese Zahlen ja nur die Spitze des Eisbergs sind, weil die Dunkelziffer bei Weitem höher ist.

Wenn man mit Menschen, die mit dem Strafvollzug zu tun haben, diskutiert, dann bestätigen diese auch, dass in der Regel von den betroffenen Jugendlichen sehr oft gar keine Hilfe in Anspruch genommen wird, weil die Scheu, sich sozusagen bei Beamten zu melden, sehr hoch ist, weil sie ja auch mit Sanktionen in diesem System zu rechnen haben. Da gibt es die Geschichte von Jugendlichen, die dann als Revanche dafür, dass man sich bei Justizwachebeamten gemeldet hat, zwangs­täto­wiert werden. Das heißt, dass jeder andere Insasse erkennen kann, dass das jemand ist, der „gesungen“ hat und damit weiteren Sanktionen unterworfen ist.

Das heißt, diese furchtbaren Vorfälle in der Justizanstalt Josefstadt sind am Beginn dieses Reformprozesses gestanden. Daher ist es auch wichtig, dass dieser Reform­prozess heute zu Ende geführt wird. Damals war ganz klar – und das war auch das Credo fast aller Parteien –, die Untersuchungshaft für Jugendliche soll in Zukunft die absolute Ausnahme sein, weil die Untersuchungshaft, wie diese Umstände zeigen, nicht die adäquate Antwort ist, die gewährleistet, dass Jugendliche nicht mehr rückfällig werden.

Jetzt haben wir nur folgende Entwicklung, obwohl es dieses Credo gegeben hat: Damals waren 59 Jugendliche in Untersuchungshaft, dann ist diese Zahl etwas gesunken, und zwei Jahre später sind wir wieder bei 71 Jugendlichen in Unter­suchungshaft gestanden. Das heißt, in Wirklichkeit sind nach einer kurzen Phase der Abnahme von Untersuchungshaft bei Jugendlichen die Zahlen wieder angestiegen. Umso wichtiger ist, dass dieses Paket jetzt kommt.

Es sind einige Dinge drinnen, von denen wir erhoffen dürfen, dass sie tatsächlich auch die Zahlen der Untersuchungshäftlinge senken werden.

Die Sozialnetzkonferenz: Worum geht es bei der Sozialnetzkonferenz? – Da geht es darum, dass Betroffene sich das Umfeld der Jugendlichen anschauen und mit der richtigen Reaktion im Umfeld der Jugendlichen ein Netz schaffen, das Untersuchungs­haft vermeidet, und das Ziel, dass der Jugendliche nicht mehr straffällig wird, auf andere Weise erreicht. Ich glaube, der Justizminister wird bestätigen – es gibt ja den zweijährigen Pilotversuch, und der war durchaus erfolgreich; ich hoffe, dass die Zahlen von Ihnen vielleicht heute da sind –, dass in zahlreichen Fällen nicht nur die Unter­suchungshaft vermieden werden konnte, sondern dann auch tatsächlich keine weitere Straftat von diesen Jugendlichen begangen wurde.

Es gibt auch die Jugendgerichtshilfe, die die Erhebungen durchführt, damit die Justiz adäquat reagieren kann, weil sie das soziale, berufliche und familiäre Umfeld der Jugendlichen kennt.

Klar ist: Es braucht eine Reaktion, wenn Jugendliche straffällig werden, aber es ist naiv, zu glauben, dass immer die härteste Reaktion die beste ist. Nein, wir brauchen die richtige Reaktion! Dieses Gesetz gibt der Justiz die Möglichkeit, die richtige Reak­tion zu setzen.

 


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