Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll109. Sitzung / Seite 195

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Wahlbeteiligung trotz der Briefwahl nicht zugenommen. Die Wahlbeteiligung nimmt trotzdem ab, obwohl wir die Briefwahl dermaßen forcieren und glauben, dass wir das damit kompensieren können. Also auch das stimmt nicht.

Daher müssen wir uns etwas anderes überlegen, dass wir einerseits die Grundsätze des Wahlrechts anerkennen und weiterhin gewährleisten, andererseits aber trotzdem einen Weg finden, um das zu ermöglichen.

Man kann hergehen und sagen, man macht einen Vorwahltermin, zwei Wochen vor der Wahl, um das zu gewährleisten. Man kann sagen: Okay, es gibt Wahlkarten, aber man muss mit dieser Wahlkarte auch wieder in ein Wahllokal gehen und diese dort ord­nungsgemäß abgeben! Das sind Möglichkeiten, an denen wir arbeiten müssen.

Wir werden uns jedenfalls weiterhin für eine korrekte Einhaltung der Wahlrechts­grund­sätze einsetzen und weiterhin die Briefwahl entsprechend massiv kritisieren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Walter Rosenkranz: Bravo, das ist Demokratie!)

17.58


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Mayer. – Bitte.

 


17.58.13

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In Zukunft soll es möglich sein, wie bereits vom Vorredner erwähnt, dass für die Briefwahl verwendete Wahlkarten in jedem Wahllokal bis zur Schließung hinterlegt werden. Ich begrüße diese bürgerfreundliche Lösung. Der entscheidende Punkt muss sein, dass das Wahl­geheimnis gewahrt bleibt. Und beim Thema Wahlgeheimnis komme ich nicht umhin, auf ebenso mögliche Missbräuche hinzuweisen.

Man stelle sich vor – ein paar Andeutungen wurden ja schon gemacht –, Wahlwerber und Funktionäre kommen unangemeldet zu Ihnen nach Hause, bringen einen Pack Wahlkarten mit und bedrängen Sie sogar, das Kreuz an der richtigen Stelle vor ihnen zu machen, nehmen die Wahlkarten wieder mit, ohne einen Gegenschein unter­zeich­net zu haben. Dasselbe passiert in einer großen Firma, wo ein Personalbüro Wahl­karten paketweise anfordert, oder in einem Sozialzentrum, wo es sogar geistig Behinderte gibt. Stellen Sie sich vor, die Dinge könnten so sein. Ein Schelm, wer denkt, dass solche Dinge vorkommen. (Abg. Walter Rosenkranz: Die passieren doch!)

Meine Damen und Herren! Genau solche Wahlbetrügereien gab es im Vorfeld bei der Bürgermeisterstichwahl nachweislich im März dieses Jahres in zwei Städten Vorarlbergs. Ein Schlag ins Gesicht, wie ich meine, jedes Demokraten. In der Bezirks­stadt Bludenz zum Beispiel wurde mit ausgeklügelten Tricks das Gemeinde­wahlgesetz ausgehebelt. Die Wahlkartenausgabe erfolgte unter anderem an politische Funktio­näre. Der Wählerwille wurde gebeugt und schlussendlich das Wahlergebnis gefälscht. ÖVP-Funktionäre haben Wahlkarten, in den meisten Fällen ohne Wissen der betroffe­nen Wähler, fast paketweise bei der zuständigen Beamtin bestellt. Ich zitiere aus dem Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis vom 23. November 2015 – also vor 14 Tagen –:

„Auf Grund des Wahlaktes (…) und der beiliegenden eidesstattlichen Erklärungen ist erwiesen, dass die dem Bürgermeister als Amtsperson gesetzlich vorbehaltene Wahlkartenausstellung in zumindest 63 Fällen zu einer ,Parteiangelegenheit‘ gemacht wurde.“

Der Bürgermeister – dies sei nur am Rande erwähnt – hatte bei dieser Stichwahl schlussendlich gerade einmal 27 Stimmen Vorsprung.

 


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