Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung / Seite 112

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schlimm ist es langfristig, denn unsere europäischen Partner werden uns dies bei Gelegenheit spüren lassen. Diese Retourkutschenpolitik zerstört langfristig die EU und wird uns nicht weiterbringen. Das kann und darf nicht unser Ziel sein. Gelebte Soli­darität sieht anders aus und wäre das Einzige und das Richtige, was wir jetzt brauchen.

Die Energie, die unsere Regierungsparteien mit der Diskussion über Obergrenzen und Richtwerte verbrauchen, wäre in eine europäische Lösung viel besser investiert. Eine solche muss folgende Punkte beinhalten, die auch schon von meinen VorrednerInnen erwähnt wurden und die ich hier zusammenfassen möchte.

Punkt eins: Das zentrale Ziel ist eine gemeinsame europäische Asyl- und Migrations­politik mit legalen Möglichkeiten der Zuwanderung. Zweitens: die Aufteilung der Asyl­suchenden nach der beschlossenen Quote. Drittens: das Vorantreiben des Aufbaus der Hotspots an den EU-Außengrenzen. Und viertens: funktionierende Rück­füh­rungs­abkommen mit den nordafrikanischen Ländern. – Das zusammengefasst ist die einzige Möglichkeit, wie wir den Erhalt des Schengen-Raumes tatsächlich garantieren können.

Weniger hilfreich sind bei dieser Suche nach Lösungen die Aufforderungen unserer Innenministerin an Griechenland, die Grenze zur Türkei besser zu schützen. Dieser Vorschlag stammt, wie so viele Vorschläge, vor allem aus den Reihen der FPÖ. Ich bin dankbar, dass Sie in keiner exekutiven Verantwortung sind, Herr Kollege Hübner – das wäre wirklich eher eine sehr erschreckende Vision –, denn dieser Vorschlag ist nicht durchdacht. (Abg. Hübner: Das wäre ganz schlecht!)

Können wir bitte diesen Vorschlag einmal so zu Ende denken, wie er auf dem Tisch liegt? Variante eins: Ist das Abdrängen oder gar das Versenken von Flüchtlingsbooten die Schlussfolgerung daraus? – Ich hoffe nicht, denn das wäre vielleicht sogar für die FPÖ etwas zu harsch und wäre vielleicht tatsächlich an Unmenschlichkeit nicht zu überbieten.

Variante zwei: Vielleicht bedeutet das, dass die österreichische Bundesregierung die griechische Marine auffordert, in türkische Hoheitsgewässer einzudringen. Das ist vielleicht auch nicht der schlaueste Vorschlag, aber bitte, das wäre das Resultat dessen, wenn man diesen Vorschlag zu Ende denkt, Herr Hübner. Das Einzige, was wir mit solchen undurchdachten Vorschlägen erreichen, ist in Wirklichkeit die Ver­un­sicherung der Bevölkerung.

All diese Punkte sind aber leider ohnehin nur eine Bekämpfung von Symptomen, und wir verlieren die Bekämpfung der Ursachen vollkommen aus dem Blick. Wie mein Kollege Reimon gerade wirklich (Abg. Hübner: Zutreffend gesagt hat!) klar zum Ausdruck gebracht hat, ist ohne Frieden in Syrien, dem Irak und auch Afghanistan keine Möglichkeit zu sehen, dass der Flüchtlingsstrom abreißen wird. Vielleicht sollten wir unsere Energie in das investieren! Die EU muss, und zwar gemeinsam, auch mit Einbringung der USA, aktiv an einer Friedenslösung arbeiten, und vielleicht auch an der Bekämpfung von Daesh.

Wenn wir uns aber als neutrales Österreich mit der uns eigenen Trittbrettfahrer-Men­talität hier nicht beteiligen wollen, dann sollten wir zumindest die bereits beschlossenen Maßnahmen umsetzen. Der Türkei wurden 3 Milliarden € zugesagt. Wie viel ist davon schon geflossen? – Genau gar nichts. (Abg. Hübner: Weil es eine EU-Maßnahme ist!) – Die EU setzt sich aus Mitgliedstaaten zusammen, und diese müssen das Geld überweisen.

Den UN-Organisationen, die sich in Jordanien, im Libanon, in der Türkei vor Ort engagieren, ist der Geldhahn zugedreht worden. Vielleicht sollten wir uns da nicht wundern, wenn die Flüchtlinge weiterziehen. Warum diskutieren wir nicht darüber? –


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