Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung / Seite 126

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eine Diskussion unter den Abgeordneten stattgefunden. Man wollte diese Diskussion auch mit den Proponenten des Volksbegehrens führen, doch leider haben sie die erste Sitzung verlassen, und wir konnten nicht direkt mit ihnen verhandeln.

In der zweiten Sitzung wurden ebenfalls Experten eingeladen, aber dieses Mal nur auf Wunsch der Proponenten des Volksbegehrens, und die Bevollmächtigte des Volks­begeh­rens und deren zwei Stellvertreter haben diesmal die Gelegenheit gehabt, ihr Anliegen ausführlich und in einer gesonderten Sitzung darzulegen.

Es ist wieder zu einer Diskussion der Abgeordneten gekommen, dieses Mal mit den Proponenten des Volksbegehrens. Zu dieser Diskussion kann ich als Berichterstatter des Verfassungsausschusses mitteilen, dass keine der Fraktionen für einen Austritt aus der Europäischen Union war, aber durchaus auch unterschiedliche Kritiken an der Europäischen Union herauszuhören waren, bei der einen Fraktion mehr, bei der anderen Fraktion weniger.

Meine persönliche Meinung dazu ist: Wenn auch nicht alles in Ordnung ist bei der Europäischen Union, muss man den Verallgemeinerungen, mit denen die Proponenten dieses Volksbegehrens gearbeitet haben, schon auch mit handfesten Zahlen entge­gen­wirken. Zu sagen: Alles ist schlechter geworden, die Arbeitsplätze sind weniger ge­worden, es ist alles teurer geworden, es ist alles schlechter und das Bruttonatio­nal­produkt ist geschrumpft, das stimmt nicht. Es stimmt nicht! Wenn man sich die Studien, und es gibt deren viele, durchliest und zu Gemüte führt, wird deutlich: Alle gehen davon aus, dass es zu einer Anhebung des Bruttonationalproduktes von 0,9 Prozent durch den Beitritt zur Europäischen Union gekommen ist, sprich zu einer Anhebung um 2,4 Milliarden €.

Es gibt weitere Studien, dass allein durch die Abschaffung der Grenzen innerhalb dieses Wirtschaftsraumes 1,7 Milliarden € an Ersparnis eingetreten ist, und alle diese Studien gehen davon aus, dass durch den Beitritt zur Europäischen Union jährlich rund 18 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das heißt, die am Wirtshaustisch so geläufigen Argumente halten keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand, sondern das Gegenteil ist der Fall, und das muss einmal bei aller Kritik an der Europäischen Union ausgesprochen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass die wirtschaftliche Einheit, die wirtschaftliche Union in der Lage ist, erfolgreich zu reüssieren, ist daher unbestritten. Natürlich gibt es auch Mankos, aber das Problem einer Union, die aus verschiedenen Nationalstaaten zusammenwächst, ist, dass sie kein statisches Gebilde ist, sondern ein dynamisches, das immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt wird und werden wird. Derzeit ist es das Problem der Flüchtlinge. Dass die Europäische Union sich da nicht mit großem Ruhm bekleckert hat und bis jetzt auch nicht bekleckert, das ist zweifelsohne der Fall. Trotzdem ist es aber leichter, in der Gemeinschaft eine Lösung für ein derart gravierendes Problem zu finden als es jedem einzelnen Nationalstaat zu überlassen. Solange die Europäische Union hier jedoch zögert, zaudert, sind wir natürlich auch als Nationalstaat gefordert, unseren Beitrag zu leisten, dass das geordnet abläuft, dieses Ankommen und dieses Organisieren der Flüchtlinge.

Ich glaube daher, dass die Europäische Union viel mehr Vorteile hat, allein wenn man den Umweltbereich bedenkt. Kein Fluss macht an einer Grenze halt, keine Wolke macht an einer Grenze halt, kein Wind macht an einer Grenze halt, alle Umwelt­probleme sind in der Gemeinschaft viel einfacher zu lösen als für einen Nationalstaat. Auch das Flüchtlingsproblem wird nur gemeinsam lösbar sein, es wird nur länger brauchen, bis das alle kapieren, aber irgendwann wird es geschehen, weil das ein dynamischer Prozess ist, und bis dorthin werden wir unsere eigenen Aufgaben zu lösen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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