Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung / Seite 134

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13.07.09

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Kollege Wittmann hat schon den Ablauf des Volksbegehrens und wie es behandelt wurde entsprechend referiert, und mir sind dabei beziehungsweise bei der Diskussion über das Volksbegehren insbesondere zwei Dinge aufgefallen.

Das ist einerseits – das haben wir schon gehört – die Unzufriedenheit mit der Euro­päischen Union, mit ihren Institutionen, mit dem Institutionsgefüge. Das teile ich auch. Ich glaube, da gibt es Dinge, die weitaus besser gemacht werden können. Auch ich glaube, dass wir Probleme in der demokratischen Verfasstheit der Europäischen Union haben und dass mehr Demokratie möglich wäre.

Zum Beispiel ist der Rat weitaus mächtiger als das Parlament und hat mit einem Veto eines einzelnen Staates die Möglichkeit, da etwas zu blockieren; andererseits hat das Europäische Parlament selbst gar keine Initiativrechte. Das sind alles demokratische Defizite, die jedenfalls ausgebessert werden müssen und woran man arbeiten muss.

Das Zweite, das mir aufgefallen ist, ist die Art und Weise, wie über das Volksbegehren diskutiert wurde. Kollege Gerstl hat es schon sehr klar angesprochen. Ich teile die Kritik und habe sie auch gestern im Ausschuss sehr klar zum Ausdruck gebracht: Es gehört zu einer Demokratie immer dazu, dass man das Argument des anderen hört und dem Argument auch zuhört – und wir haben es schon gehört –, aber wenn man beim ersten Hearing im Ausschuss auszieht und den Experten nicht zuhört, dann hat das mit Demokratie sehr wenig zu tun.

Genauso wenig hat es meiner Meinung nach mit Demokratie etwas zu tun, wenn man allen Experten, die von den politischen Parteien geladen sind, per se die Experten­eigenschaft abspricht und sagt, das sind ja gar keine Experten. Das finde ich auch alles andere als in Ordnung.

Wir haben gehört, dass Österreich angeblich nur dann wieder demokratisch und rechtsstaatlich werden kann, wenn wir aus der Europäischen Union austreten. Das muss ich als Abgeordneter dieses Hauses aufs Schärfste zurückweisen, denn wir sind ein demokratischer Staat und bei uns gilt auch der Rechtsstaat.

Man kann immer wieder unzufrieden sein, wenn die Mehrheit etwas entscheidet, was einem nicht gefällt, das ist jederzeit legitim. Aber Fakt ist trotzdem, dass man der Mehrheit nicht absprechen kann, dass sie demokratisch agiert, denn es ist ein Wesen der Demokratie, dass am Schluss eine Mehrheit entscheidet und entsprechend auch die Minderheiten schützt.

Wir haben gehört, dass in der Europäischen Union die Gewaltenteilung nicht vorhan­den ist. Also ich halte es für grundsätzlich sehr vorbildlich, wenn man einen Euro­pä­ischen Gerichtshof hat, ein Parlament hat, eine Kommission hat, einen Rat hat und da die Gewaltenteilung sehr klar ist. Im Übrigen merkt man gerade im europäischen Gesetzgebungsverfahren, dass viel, viel mehr Vorlagen im parlamentarischen Prozess geändert werden als beispielsweise im österreichischen Parlament.

Wir haben gestern gehört, dass 80 Prozent der Regelungen, die wir hier im Parlament beschließen, ohnehin von der Europäischen Union kommen. Auch das ist schlichtweg nicht richtig, denn es gibt wissenschaftliche Studien, die sagen, dass es um die 10 Pro­zent sind; und wenn man sich die qualitativen Gesichtspunkte anschaut, dann sind es vielleicht 40 Prozent, aber es sind sicher nicht 80 Prozent.

Ganz am Schluss hat man quasi allen Abgeordneten hier im Parlament im Prinzip unterstellt, dass wir alle durch einen Klubzwang gebunden sind. Nun trifft das auf einige hier vielleicht zu, ich kann aber von mir sagen, dass das auf mich nicht zutrifft


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