Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung / Seite 259

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Nichtausschließbarkeit eines Angriffes, aber weniger als mit Gewissheit zu erwarten (vgl. Hauer/Keplinger, SPG4, § 22 Anm 10.1).

Mit der Einführung einer Definition eines verfassungsgefährdenden Angriffes in Abs. 2 sollen die Tatbestände, die für einen vorbeugenden Schutz im Bereich des polizei­lichen Staatsschutzes in Frage kommen, taxativ aufgezählt werden, also ein konkret auf die Aufgabe des Verfassungsschutzes und der Terrorismusbekämpfung zuge­schnitt­ener Straftatenkatalog geschaffen werden. Davon umfasst sollen jene gerichtlich strafbaren Handlungen sein, die mit Extremismus (z.B. nach dem Verbotsgesetz), Terrorismus (z.B. Terroristische Vereinigung, Ausbildung für terroristische Zwecke), Proliferation (z.B. Unerlaubter Umgang mit Kernmaterial, radioaktiven Stoffen oder Strahleneinrichtungen, §§ 79 bis 82 Außenwirtschaftsgesetz), nachrichtendienstlicher Tätigkeit (z.B. Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs) oder Spionage (z.B. Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zugunsten des Auslandes) in Verbindung stehen. Je nach Delikt oder Deliktsgruppe ist zusätzlich noch eine bestimmte Motivlage („ideologisch oder religiös motiviert“) oder ein bestimmtes Ziel des Angriffes (verfassungsmäßige Einrichtungen oder kritische Infrastrukturen) erforderlich, um von einem verfassungsgefährdenden Angriff sprechen zu können. Wie beim gefährlichen Angriff nach § 16 Abs. 2 SPG wird auf die rechtswidrige Verwirk­lichung abgestellt, wodurch zum Ausdruck gebracht wird, dass zwar ein tatbestands­mäßiges und rechtswidriges, aber kein schuldhaftes Verhalten erforderlich ist.

Mit der Ziffer 3 von Abs. 1 soll die Entgegennahme von Informationen von Dienststellen inländischer Behörden, etwa dem Heeres-Nachrichtenamt oder dem Abwehramt, oder von ausländischen Sicherheitsbehörden oder Sicherheitsorganisationen (§ 2 Abs. 2 und 3 PolKG) sowie von Organen der Europäischen Union oder Vereinten Nationen über Personen, die im Verdacht stehen, im Ausland einen Sachverhalt verwirklicht zu haben, der einem verfassungsgefährdenden Angriff entspricht, für die daran anknüp­fende Verarbeitung dieser Informationen nach § 10 als Aufgabe der Staatsschutz­behörden verankert werden. Diese Aufgabe trägt der Tatsache Rechnung, dass in einer globalisierten Welt auch die Aufgabe des Schutzes der österreichischen Bevöl­kerung vor verfassungsgefährdenden Angriffen global betrachtet werden muss und sich mögliche Gefährder und damit einhergehende Gefahren örtlich rasch verschieben können. Zu diesem Zweck erlässt etwa auch der Rat der Europäischen Union in regelmäßigen Abständen Durchführungsverordnungen zur Durchführung des Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Perso­nen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Ter­roris­mus, zuletzt am 26. März 2015. Die an diese Aufgabe anknüpfenden Datenverar­beitungsermächtigungen beschränken sich auf § 10; besondere Ermittlungsmaßnah­men nach § 11 kommen dafür nicht in Betracht, wenn nicht zusätzliche Umstände hinzutreten, die eine Aufgabe nach § 6 Abs. 1 Z 1 oder 2 begründen.

Zu § 7:

Die staatsschutzrelevante Beratung auf dem Gebiet des polizeilichen Staatsschutzes soll als Teil der schlichten Hoheitsverwaltung durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit erfolgen und sich unmittelbar an potentiell betroffene juristische oder natürliche Per­sonen wenden, die von potentiellen Gefahren durch verfassungsgefährdende Angriffe bedroht sind. Zu denken ist dabei etwa an Betreiber kritischer Infrastrukturen, die über effektive Schutzmaßnahmen vor Cyberangriffen oder derzeit gängige modi operandi informiert werden sollen, sowie an Unternehmen, die über mögliche Gefahren durch Wirtschafts- und Industriespionage und allgemeine Verhaltensregeln aufgeklärt werden sollen. Besonders geschulte Beamte stellen ihre Sachkenntnis zur Verfügung, um potentiell Betroffene in die Lage zu versetzen, sich bestmöglich selbst durch effektive Maßnahmen zu schützen.

 


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