Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll113. Sitzung / Seite 263

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tion möglich ist. Es hat schon begonnen damit, wie wir das Petitionsrecht eingeführt haben. (Abg. Weninger: Wer hat das eingeführt?) Ich nehme jetzt als Beispiel Groß­britannien: Dort wurde es 1689 bei der Bill of Rights eingeführt. Österreich hat sich, wie üblich, etwas mehr Zeit gelassen – damals waren es aber noch keine Sozialdemo­kraten –: Da geschah es dann 1867.

Die Diskussion, ob man einen eigenen Petitionsausschuss einführt, weil die Bürgeran­liegen immer mehr werden, hat in Großbritannien zwischen 1830 und 1850 stattgefun­den. In Österreich war das – da kommen jetzt die Sozialdemokraten ins Spiel, Herr Kollege – im Jahr 1989. Das heißt, es hat auch da 150 Jahre gebraucht, dass diese Ideen knapp 1 400 Kilometer zurücklegt. Das ist nicht unbedingt eine Meisterleistung, auf die ich besonders stolz wäre.

Wie hat sich dieser Bereich der direkten Demokratie oder der Bürgerbeteiligung im Bereich der Petitionen entwickelt? – In Großbritannien haben Sie die Möglichkeit, sobald Sie 10 000 Unterschriften online gesammelt haben, dass jedenfalls die Bürger­initiative, also die Bürgerinnen und Bürger, direkt von der Regierung eine Antwort erhalten. Bei uns bekommen sie keine Antwort direkt. Das wissen Sie ganz genau. Bei 100 000 Unterschriften ist es in Großbritannien so, dass die Bürgerinitiative im Plenum behandelt werden muss. Bei uns gibt es keinerlei Richtlinie dafür.

Wenn man jetzt aber berücksichtigt, dass Österreich nur 14 Prozent der Bevölkerung von Großbritannien hat, würde das bedeuten, dass bei 1 400 Unterschriften – was beinahe auf jede Bürgerinitiative zutrifft – die Bürgerinnen und Bürger eine tatsächliche Antwort von der Exekutive bekommen würden, und dass wir bei 14 000 Unterschriften, was noch immer eine große Anzahl wäre, das Ganze hier im Plenarsaal verhandeln würden.

Warum ist dieses Thema so wichtig, und warum verdient es auch mehr Aufmerk­samkeit und eine Debatte zu einer früheren Zeit an einem ganz normalen Plenartag? – In Großbritannien hat das Petitionsrecht zum Beispiel die Liberalisierung in der Wirtschaft ausgelöst, weil der Druck der Wirtschaft auf das Parlament deutlich gestiegen ist. – Das könnte jetzt ein Grund sein, warum die Sozialdemokraten 150 Jahre gebraucht haben. Das kann auch sein. – Es hat aber auch die Auflösung der Monopole bewirkt. Große Bekanntheit hat das im Zusammenhang mit der East India Company erlangt.

Zum Beispiel wurden aber auch das allgemeine Wahlrecht und die Sozialversiche­rungen mit Druck weiter durchgesetzt – Themen, die auch Sie beschäftigen. Es geht darum, dass dort enorm viel Innovation entstanden ist, weil Parlament und Bürgerinnen und Bürger in einem Diskurs näher zusammengerückt sind. Es gab oft Dekaden an Konflikten, bis ein Problem gelöst worden ist.

Bei uns fehlt dieser Diskurs im Parlament noch immer, und da kommt jetzt wieder diese große Zeitspanne von 150 bis 200 Jahren. Wir haben einen Ausschuss, in dem Bürgerinnen und Bürger nicht direkt vorsprechen können. Wir haben ein Plenum, in dem die Petitionen kurz verlesen werden, und wir haben keinen ernsthaften Diskurs.

Aus diesem Grund ist es jedenfalls so, dass wir keine weiteren zweieinhalb Jahre warten werden, um den Petitionsausschuss ins Leben zu rufen. Wir werden den Sammel­bericht heute nicht annehmen. Wir werden – so viel darf ich hoffentlich vorab verra­ten – gemeinsam mit einigen oder allen Oppositionsparteien einen Geschäftsord­nungsantrag stellen und in den nächsten zweieinhalb Jahren versuchen, diesen auszu­verhandeln und durchzusetzen. So soll aus der Gnade des Parlaments eine tat­sächliche Pflicht der Bearbeitung und ein Recht für die Bürgerinnen und Bürger wer-


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