Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll115. Sitzung / Seite 61

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Ich vermisse auch ein bisschen die Einhaltung des Versprechens, das diese Fraktion ursprünglich in diesem Haus abgegeben hat, nämlich immer auch etwas Positives zu sagen. Aber das nur am Rande.

Ich glaube, dass wir sozialpolitische Debatten in aller Ernsthaftigkeit führen müssen, aber unter anderen Voraussetzungen, unter anderen Vorzeichen. Es geht nicht nur um Budgetdaten, es geht nicht nur um Budgetentwicklungen, es geht nicht um Details einer Sozialversicherungsdebatte, sondern es geht in erster Linie darum, den Men­schen in Österreich Sicherheit zu geben und vor allem auch den jungen Menschen in Österreich Sicherheit zu geben, wenn es um Fragen geht wie: Worauf kann ich mich in bestimmten Lebensphasen verlassen? Worauf kann ich mich verlassen, wenn es um meine Ausbildung geht? Worauf kann ich mich verlassen, wenn ich in die Familien­gründungsphase eintrete? Worauf kann ich mich verlassen, wenn ein Angehöriger pflegebedürftig wird? Und worauf kann ich mich auch im Alter verlassen?

Das ist der Kern einer sozialpolitischen Diskussion, die wir unter anderen Vorausset­zun­gen führen müssen als noch vor 20 Jahren. Das Leben der Menschen hat sich komplett verändert. Den jungen Menschen wird sehr viel höhere Mobilität abverlangt, sehr viel mehr an biographischen Brüchen, Arbeitslosigkeit, Scheidung, Patchwork-Konstellationen, Unsicherheit – je nach Postleitzahl – in Bezug auf die Bedingungen, was die Pflege der Angehörigen betrifft, und auch eine ständige Verunsicherung mit Worten wie „schrottreif“ und „an die Wand fahren“, was das Pensionssystem betrifft. Hier wäre eine Ernsthaftigkeit und wirkliche Sorgsamkeit bei der Diskussion über die Reformnotwendigkeiten an den Tag zu legen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gisela Wurm.)

Ich wehre mich auch dagegen und wir wehren uns dagegen, dass bestimmte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden, etwa Jung gegen Alt. Ich glaube nicht, dass es einen jungen Menschen in irgendeiner Weise beruhigt oder unterstützt, wenn man sagt, dass man jetzt bei den Durchschnittspensionen oder bei den mittleren Pensionen noch etwas wegnimmt. Ich glaube, es gibt niemanden hier im Saal, der sich noch zu sagen traut, dass die Durchschnittspensionen in Österreich zu hoch sind. Selbst der Finanzminister hat das eingestanden, wir sind hier am unteren Limit – das ist einfach Faktum. Wenn wir davon reden, dass 50 Prozent aller Pensionszahlungen unter 950 € im Monat liegen, die mittlere Pension von Frauen bei 858 € liegt und dass wir nach wie vor eine sehr hohe Anzahl vor allem von Frauen haben – 377 000 Frauen –, die keinen eigenständigen Pensionsanspruch haben – und jede vierte alleinstehende Pensionistin lebt armutsgefährdet! –, so sind das schon Herausforderungen, denen man sich stellen muss. Der einfache Ansatz: Jetzt nehmen wir halt den Steuerzuschuss raus aus dem System und leben nicht mehr auf Pump!, das ist keine Antwort auf die Lebenssituation dieser Menschen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Gegeneinander-Ausspielen ist nicht nur ein solches von Jung gegen Alt, sondern ganz klassisch – vonseiten der Freiheitlichen – auch eines von Menschen, die hier geboren sind, gegen solche, die hier nicht geboren sind. Ich glaube, das führt uns auch nicht weiter in einer seriösen Pensionsdiskussion. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man ernsthaft über eine Schere zwischen Arm und Reich und über unter­schied­liche Ausgangssituationen von Menschen in Österreich diskutiert, wenn man sich die Vermögensverteilung ansieht, dann muss man eine Frage mit aller Ernsthaftigkeit mit Ja beantworten, nämlich die Frage, wo jetzt die großen Unterschiede tatsächlich herkommen: Ist es das, was Menschen in Österreich erarbeiten können – oder ist es das, was sie erben oder an Vermögen weitergereicht bekommen? Und es wundert mich, dass die NEOS in dieser Frage nicht hinreichend enkelfit denken oder auch agieren, um tatsächlich auch einmal die Frage der großen Vermögen und der Erb­schaftssteuer anzugehen. Da geht es nämlich um die großen Ungerechtigkeiten


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