Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 78

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Letztes Jahr sind über eine Million davon nach Europa gekommen. Sie sind in ein Europa gekommen, das 500 Millionen Einwohner hat. Nur um die Relationen ins richtige Lot zu bringen: In den Libanon, ein kleines Land mit 5 Millionen Einwohnern, sind mehr Flüchtlinge – deutlich über eine Million – gekommen als nach ganz Europa. Der kleine Libanon hat letztes Jahr mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen als ganz Europa. (Abg. Kogler: Richtig!)

Ich frage mich: Warum kann es sein, dass ein Kontinent wie Europa mit 500 Millionen Einwohnern durch diese Anzahl an Flüchtlingen in eine Krise gerät? – Das dürfte nie und nimmer eine Krise sein! Warum ist es aber doch eine geworden? – Weil es keine gemeinsame europäische Politik gibt. Es gibt 28 Köche, die versuchen, das auf eine Art und Weise zu lösen, wie es nicht zu lösen ist. Diese Krise wäre managbar. Europa wäre durch eine Million Flüchtlinge nicht in die Krise geschlittert, wenn es gemeinsam auftreten würde, wenn es eine gemeinsame europäische Politik geben würde.

Diese gemeinsame europäische Politik fehlt an allen Ecken und Enden. Es gibt schon einmal keine gemeinsame europäische Außenpolitik. Das hat zur Konsequenz, dass bei den Friedensverhandlungen für Syrien in Genf die USA und Russland am Tisch sitzen. Diejenigen, die nicht betroffen sind, sitzen dort am Tisch und versuchen zumin­dest, das Problem am Kern zu packen und zu lösen. Diejenigen, die betroffen sind, nämlich Europa, sind gar nicht dabei. Warum sind wir nicht dabei? – Weil es keine gemeinsame europäische Außenpolitik gibt. Genauso wenig gibt es eine gemeinsame europäische Asylpolitik. Es gibt keine gemeinsame europäische Migrationspolitik. Es gibt keine gemeinsame europäische Grenzsicherung.

Weil es das alles bedauerlicherweise nicht gibt, gleitet jetzt ein Großteil der 28 EU-Staaten in Nationalismus und Egoismus ab – leider auch unsere österreichische Bun­desregierung. Unsere österreichische Bundesregierung will verkaufen, dass es die Lösung aller Probleme ist, wenn wir in Österreich die Grenzen vollkommen dicht­machen und niemanden mehr hereinlassen. – Das ist es nicht!

Es löst schon etwas aus. Es löst aus, dass der erste Dominostein fällt und dass am Balkan die nächsten Dominosteine fallen. Alle machen ihre Grenzen dicht, bis es jenen trifft, der die Grenzen nicht mehr dichtmachen kann, nämlich Griechenland. Mir hat noch niemand erklärt, wie man einen Grenzzaun auf offenem Meer bauen soll. Wie soll Griechenland die Grenzen dichtmachen, wenn die Leute mit dem Boot ankommen? Die Antwort darauf habe ich bisher noch nicht gehört.

Die Strategie, die von der österreichischen Bundesregierung verfolgt wird, ist keine Problemlösung. Es ist das rote Muster, nach dem die Bundesregierung Politik macht, auch in der Vergangenheit und in ganz anderen Fragen: Das Problem wird in die Zukunft verschoben oder auf andere abgeschoben. In diesem Fall war es zuerst Deutschland, nach dem Motto: Nehmt sie alle!

Es wird immer auf Griechenland gezeigt und gesagt, sie wären diejenigen gewesen, die durchgewunken haben. Ich frage mich: Was hat denn die österreichische Bun­desregierung gemacht? – Das Einzige, das gemacht worden ist, war doch, die Leute in Kärnten und im Burgenland in einen Bus zu setzen und nach Deutschland zu verfrach­ten. Dann wird auf Griechenland gezeigt. (Abg. Fekter: 90 000 haben wir aufge­nom­men!) – Ja, das ist auch vollkommen richtig! Der Vorwurf an Österreich ist nicht, dass keine Solidarität gezeigt worden ist. Der Vorwurf ist nicht, dass Österreich nicht aus­reichend Flüchtlinge aufgenommen hat. In diesem Bereich ist dieses Land sicherlich vorbildhaft. Das ist nicht der Punkt!

Das Problem ist, dass Österreich gemeinsam mit anderen in einen nationalen Egois­mus verfällt. Das hat konkret zur Folge, dass die Probleme auf Griechenland abgewälzt werden. – Das ist keine Lösung!

 


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