Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 94

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der Flüchtlingskonvention noch nach der EU-Grundrechtecharta noch nach den europäischen Verträgen noch geht es in irgendeiner Art und Weise in einem Rechts­staat, kollektiv Menschen in ein anderes Land zurückzuschicken. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Das Recht auf Asyl ist ein individuelles Recht. Ich muss die Möglichkeit haben, dass mein eigenes Vorbringen auch entsprechend berücksichtigt, angehört und geprüft wird, und erst dann entschieden wird, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht. Wenn einer vorliegt, muss ich auch die Möglichkeit haben, in dem Zusam­menhang Asyl zu bekommen.

Das heißt, es wird auch das nicht funktionieren. (Abg. Lugar: Falsch!) – Es ist richtig, Herr Kollege Lugar. Ich weiß, Sie lesen die Genfer Flüchtlingskonvention, aber so, wie Sie sie wollen, nämlich immer nur bis zur Hälfte und dann hören Sie damit auf. Ich gebe Ihnen gerne einmal Nachhilfe, setzen wir uns zusammen, gehen wir die Grund­lagen durch! (Abg. Lugar: Das ist ein Blödsinn! Seien Sie nicht so herablassend!) – Das ist nicht herablassend! Nur weil Sie sie falsch lesen und nicht sinnerfassend ver­stehen, ist das nicht herablassend. Sie können sie sich mitsamt der Kommentierungen einmal in Ruhe durchlesen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Steinhauser.)

Das heißt, auch das wird nicht funktionieren, weil kollektive Zurückweisungen nach den diversen Menschenrechtsdokumenten nicht möglich sind.

Der letzte Punkt betrifft die Menschenrechtssituation in der Türkei: Dazu kann man einerseits die Berichte der Kommission lesen, andererseits einfach jeden Tag in der Früh die Zeitung aufschlagen und sehen, dass die Kommission von Rückschritten bei der demokratischen Verfasstheit, bei den demokratischen Grundrechten in der Türkei spricht; auch beim Kampf gegen Korruption gibt es Rückschritte. Die Kommission wie auch die österreichische Richtervereinigung bekritteln den Aufbau des Justizsystems in der Türkei. Wir sehen, dass Richter und Staatsanwälte immer wieder unter Druck gesetzt werden. Wir merken, dass es bei der Meinungs- und Versammlungsfreiheit massive Rückschritte gibt und dass Journalisten inhaftiert werden und gegen sie ermittelt wird.

Das alles passiert – und das ist das Spannende –, obwohl wir als Europäische Union zwischen 2014 und 2020 4,5 Milliarden € nur als Unterstützung für die Weiterent­wicklung der Menschenrechte, Grundrechte und der Demokratie in die Türkei inves­tieren. Es gibt keinen Fortschritt, sondern es gibt einen massiven Rückschritt. Wir sehen, hier investieren wir Geld, aber die Menschenrechtssituation in der Türkei wird noch dazu schlechter.

Dieser gesamte Plan, der auf dem Tisch liegt, kann aus drei Gründen nicht funktio­nieren: die Türkei ist kein sicherer Drittstaat, Massenrückschiebungen sind nicht mög­lich, und drittens aufgrund der Menschenrechtssituation in der Türkei.

Was wir wirklich brauchen würden – dann könnten wir diesen Eiertanz, den wir mit der Türkei veranstalten, beenden –, ist, endlich legale Einreisemöglichkeiten zu schaffen. Dabei hilft es nicht, wenn der Bundeskanzler, die Innenministerin und der Außenminis­ter das immer vollmundig ankündigen, indem sie sagen, wir brauchen das, umgekehrt aber auf legalem Weg, nämlich über Resettlement-Programme, bis Ende des Jahres 1 900 Leute in Österreich aufgenommen haben wollen. Das heißt, wir brauchen sinnvolle Resettlement-Maßnahmen, damit wir den Schleppern ihre Erwerbsgrundlage entziehen können. Wir müssen es schaffen, Menschen legal die Möglichkeit zur Flucht zu geben. Das müssen wir machen und nicht nur darüber reden, so wie es die Bundesregierung momentan macht., denn 1 900 Leute halte ich persönlich für extrem wenig. Und da wundert es mich auch nicht, dass viele sich auf den Weg machen und einfach so versuchen, nach Österreich und nach Europa zu kommen.

 


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