Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 154

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genau diese Person dann einen schweren Herzfehler hat, einen Herzkatheter braucht und anschließend Reha-Maßnahmen? – Dann muss er das alles selbst bezahlen!

Und da denke ich, genau solche Verträge brauchen wir in Österreich nicht. Wir haben in Österreich ein gutes ASVG-System, und das lobe ich besonders, weil es einheitliche Versorgungsstandards bei den Ärzten, bei den Medikamenten, aber auch in den Spitälern gibt, das wird uns garantiert. Wenn wie im vorliegenden Antrag unser bewährtes Krankenversicherungssystem in Frage gestellt wird und künftig nur mehr eine einzige Gesundheitsversicherung mit zentraler Steuerung eingefordert wird, dann warne ich auch aus einem anderen Grund davor: Wenn man dezentrale Lösungen anbietet, können die Bedürfnisse der Versicherten auch im ländlichen Raum – das ist nachweisbar – um ein Vielfaches besser abgedeckt werden als durch künftige zentra­listische Organisationsformen, weil es auch gelingt, mit unseren neun Gebietskran­kenkassen einfach flexibler auf die Bedürfnisse zu reagieren, und auch die Ver­sicherten wollen – reden Sie einmal mit denen! –, dass die Entscheidungen, die sie unmittelbar betreffen, vor Ort fallen.

Wir haben heute am Vormittag schon über so ähnliche Situationen diskutiert, wo es darum geht, wie man eine bessere regionale medizinische Versorgung aufbauen kann, die für die Versicherten maßgeschneidert ist, bedarfsorientiert ist und auch auf die Regionen abgestimmt ist. Ich möchte nicht, dass in Wien allein entschieden wird, wie zum Beispiel bei mir zu Hause im Mariazeller Land die medikamentöse oder medizi­nische Versorgung ausschaut, von Leuten, die unter Umständen die Bedürfnisse vor Ort gar nicht kennen.

Apropos kleinere Einheiten: Erlauben Sie mir auch da einen Blick über die Grenzen! Vergleicht man bei uns in Österreich die durchschnittliche Größe der Krankenver­sicherungsträger nach Mitgliederzahlen, dann wird man feststellen können, dass im Schnitt eine Krankenkasse 438 000 Versicherte betreut, während es in der Schweiz lediglich 97 000 sind. In Deutschland ist es ähnlich wie bei uns, die haben, glaube ich, 440 000.

Ich meine, dass das ein gutes System ist. Die Verwaltungskosten betragen bei uns nur 2 Prozent, während sie in Deutschland durch diese Fusionierung fast 10 Prozent sind.

Worum es Ihnen in der Diskussion geht – da brauchen wir uns ja nichts vorzumachen, ich kenne ja Ihre Intentionen –, das ist der Umstand, dass Sie mit aller Gewalt die Selbstverwaltung, also die Verwaltungskörper der ArbeitnehmerInnen und Arbeitgeber auflösen und diese Entscheidungsgremien durch Expertinnen und Experten ersetzen wollen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist es, worum es Ihnen geht.

Die Diskussion kenne ich zur Genüge, von anderen Bereichen auch schon, zum Beispiel heute Vormittag im Zuge der Pensionsdebatte, wo vielleicht Experten wie ein Herr Marin, der wahrscheinlich noch nie in einem Betrieb war und noch nie gesehen hat, wie die Arbeitsbedingungen eines Stahlwerkers sind, der mit Staub, Lärm und Hitze konfrontiert ist und im Mehrschichtbetrieb arbeiten muss, erklären, dass der Arbeiter im Stahlwerk künftig bis zum Alter von 67 Jahren hackeln soll, um einmal eine Pension zu bekommen.

Wollen Sie vielleicht auch im Krankenversicherungsbereich Betriebswirtschaftler sitzen haben, die dann, wenn es darum geht, dass die Krankenkassen einmal eine negative Bilanz erstellen, Leistungskürzungen vornehmen wollen? Für solch ein System bin ich nicht zu haben! Und davor warne ich eindringlich, dass Ihre Intentionen in Österreich einmal umgesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29

 


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