Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll121. Sitzung / Seite 61

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Ich glaube, man muss auch einmal Respekt und Anerkennung an das Journalisten-/Jour­nalistinnennetzwerk aussprechen, die sich durch Hunderte Millionen Seiten gewühlt, 14 Millionen Datensätze ausgewertet und de facto ein System noch einmal dargestellt haben, das man nicht anders als als globale Verdunkelungsindustrie beschreiben kann. Und das stellt aus unserer Sicht ein globales Megaproblem dar. (Beifall bei den Grünen.)

Geld wird da auf Kosten der Bevölkerung, von Volkswirtschaften und von Staaten hin und her verschoben und versteckt. Vieles davon ist offensichtlich legal, vieles davon aber nicht. Es geht um Steuervermeidung auf der einen Seite, aber es geht auch um Steuerbetrug. Es geht um Steuerhinterziehung. Es geht um das Waschen von Schwarz­geld aus Korruption, das Waschen von Schwarzgeld aus Verbrechen. Es geht um Ter­rorismusfinanzierung. Es geht um Drogenhandel. Es geht um Frauen- und Mädchenhan­del. Es geht also auch um ganz, ganz große Verbrechen, die eigentlich mit aller Kraft und mit aller Schärfe bekämpft werden sollten.

Ich glaube, wir sind uns ziemlich einig, dass hinter diesen smarten Anwaltskanzleien et­was steckt, was tatsächlich eine riesige politische Herausforderung darstellt, womit of­fensichtlich große Banken, auch aus Österreich, in Kooperation mit Briefkastenfirmen und Anwaltskanzleien Geldverschiebungen und damit de facto auch Terrorismus und Geldwäsche ermöglichen, wobei sie mit unter einer Decke stecken.

Ich glaube, die Ursache des Problems – das war in diesem Haus oft umstritten, aber das ist noch einmal anzusprechen – war folgende: Bis 2007 gab es eine auch sehr stark ideologisch geführte Diskussion über die Notwendigkeit von Deregulierung. Ich kann mich noch gut daran erinnern, „there is no alternative“, hat es immer geheißen. Und das sind jetzt die Auswirkungen: neoliberale Deregulierungsstrategien sowohl in den USA als auch auf der europäischen Ebene und in der Europäischen Union in ihren Rechtssetzungsinstrumenten.

Wie viel den Staaten jetzt wirklich an Geld verlorengeht, wie viel den Volkswirtschaften wirklich verlorengeht, lässt sich ja nur sehr schwer schätzen. Aber die Zahlen, die da genannt werden, die da geschätzt werden, sind wirklich abenteuerlich. Es ist von 5 800 Milliarden € die Rede, die in solchen Briefkastenfirmen offshore geparkt sein sol­len. Und das ist schon ein sehr dramatisches Ausmaß: Geldverschieben auf Kosten von Bevölkerung und Staaten.

Auf der anderen Seite: Wir kennen die Probleme in Europa, es gibt viele Länder, wo im Moment Sozialabbau betrieben wird, wo viel zu wenig in Bildung investiert wird, wo keine Gegenmaßnahmen gegen die wirtschaftliche Situation getroffen werden können, wo es viel zu wenig Investitionen gibt, um den Arbeitsmarkt oder auch die wirtschaft­liche Situation zu verbessern, aufgrund der Last und aufgrund der Enge in vielen Bud­gets. Geld, das dringend gebraucht wird, ist nicht vorhanden. Das Schlimmste ist natür­lich die Arbeitslosigkeit, vor allem auch die Jugendarbeitslosigkeit, die in manchen eu­ropäischen Ländern bei 50 Prozent liegt. – Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite haben wir angeblich 5 800 Milliarden €, die dort geparkt sind.

Vor diesem Hintergrund, vor dieser Schere, die sich da auftut, möchte man meinen, dass mit allem Nachdruck, mit aller Schärfe und mit aller Härte gegen dieses System der globalen Verdunkelungsindustrie, der Geldversteckindustrie vorgegangen wird, und zwar sowohl von der Europäischen Union als auch von Österreich. (Beifall bei den Grü­nen.)

Das ist aber leider nicht der Fall. Und das ist das Problem, worüber wir heute mit Ihnen reden wollen, Herr Finanzminister.

Nachdem dieses Journalistennetzwerk diesen ganzen Fall und auch die ganzen De­tails veröffentlicht hat … (Zwischenruf des Abg. Amon.) – Stimmt, es wird sicher noch einiges an Interessantem kommen. Es wird noch einiges auf uns zukommen.

 


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