Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 92

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Über Ihre fachlichen Qualifikationen in der Sicherheitspolitik, Herr Innenminister, können wir nur mutmaßen. Sie haben sich als Finanzexperte und Wohnbauexperte in Niederösterreich einen Namen gemacht. (Abg. Rädler: Der Altvordere …!) Sie haben nicht mehr als 1 Milliarde € an Steuergeldern verspekuliert. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das hat nichts mit Sicherheitspolitik zu tun, deswegen werde ich darauf jetzt nicht im Detail eingehen. Wer Näheres über die Qualifikationen in dieser Hinsicht wissen will, muss ja nur einschlägige Tageszeitungen und Magazine und so weiter lesen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich komme jetzt aber zur Sicherheitspolitik: Ich habe nie verstanden, warum Mitglieder der Bundesregierung der FPÖ in einem Punkt folgen, nämlich dass sich Menschlichkeit und Vernunft in der Bewältigung der Flüchtlingskrise gegenseitig ausschließen. Bei allem, was ich über Strategien in der Flüchtlingskrise weiß, weiß ich, dass es nur durch eine enge Kombination von Menschlichkeit und Vernunft geht. Das hat einen sehr einfachen Grund, und ich beginne mit den Vergewaltigungsfällen in Wien.

Das sind wichtige und immer wichtiger werdende Fragen der österreichischen Sicher­heitspolitik: Wie schützen wir potenzielle Opfer, Frauen, nicht nur in Wien, vor Vergewaltigungen, bei denen eines klar ist: dass sie nicht nur, aber auch mit den Problemen der Flüchtlingskrise und der Flüchtlingsbewegungen, mit großen Inte-grationsproblemen und großen Integrationsversäumnissen zu tun haben?

Ich war in Jordanien. Ich empfehle Ihnen etwas – nicht aus Eigeninteresse –: Der „Falter“ veröffentlicht in seiner heutigen Ausgabe meinen Reisebericht mit einem Versuch, über jordanische Lektionen zu reden. (Ruf bei der FPÖ: Warum wundert mich das nicht, dass er im „Falter“ …?!) Eine wichtige jordanische Lektion ist: Auf illegalem Weg kommen zu uns die Stärksten, das sind aber nicht unbedingt die, die wir am besten integrieren können.

Die Frauen mit den kleinen Kindern sitzen nicht nur in den jordanischen Lagern fest – und wer einmal in diesen Lagern war, weiß das; in Zaatari sitzen 79 500 Flüchtlinge fest, mit viel zu wenig Geld aus Europa, viel zu wenig Unterstützung von der inter­nationalen Gemeinschaft –, sondern die Mütter dort sagen uns auch: Unsere Kinder setzen wir nicht in Boote und stecken wir nicht in Kühlwagen! Dieses Risiko nehmen am ehesten junge Männer auf sich.

Die erste Lektion lautet: Wer keine legalen Fluchtwege eröffnet, wird damit leben müssen, dass es illegale Fluchtwege gibt. Es gibt nur zwei Gruppen, die von illegalen Fluchtwegen profitieren: die organisierte Schlepperkriminalität und rechtsextreme Parteien. Das sind die beiden Profiteure von illegalen Fluchtwegen. Deswegen ist das oberste Gebot der Sicherheitspolitik, legale Fluchtwege zu eröffnen, so wie es Kanada in vorbildlicher Art und Weise in Jordanien getan hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe bis heute nicht, warum Österreich sagt, damit wir hier einen eminenten sicherheits-, integrationspolitischen Fortschritt erzielen, warten wir auf die tschechi-sche, auf die polnische und auf die ungarische Regierung. Das ist doch absurd! Dann werden wir Probleme schlicht und einfach nicht lösen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen fordere ich nicht nur Sie, Herr Innenminister, sondern die gesamte Bundesregierung auf, das endlich einmal ernst zu nehmen. Das ist die erste große Lektion der Sicherheitspolitik.

Die zweite große Lektion hat wenig mit innerer Sicherheit zu tun. Sie heißt einfach, in Integration zu investieren. Wenn ÖVP-Politiker, und nicht nur sie, aufstehen und sagen, wir werden die Asylwerber und Asylwerberinnen zum Deutsch-Lernen zwingen,


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