Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 142

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aus Staaten, in denen keine Verfolgungshandlungen im Sinne der GFK zu erwarten sind. Österreich kommt in dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle zu, da es auf Grund seiner wirtschaftlichen Attraktivität und geographischen Lage zu den Top-Destinationsländern der EU zählt. Interne Aufzeichnungen des Bundesministeriums für Inneres (BMI) zeigen, dass alleine im Zeitraum vom 5. September 2015 bis 31. März  2016 rund 790.000 Fremde nach Österreich eingereist sind.

Es ist davon auszugehen, dass die Migrationsbewegungen nach Europa – und somit potentiell auch nach Österreich – auch in naher Zukunft nicht abreißen werden. Rund 3,5 Millionen Schutzsuchende sind derzeit (Stand: Ende Februar 2016) in Zentral-, Ost- und Westafrika registriert (Quelle: UNHCR). Schätzungen zufolge warten aktuell in Libyen zwischen 200.000 und 800.000 Personen auf eine Überfahrt nach Europa, weshalb nicht auszuschließen ist, dass in den nächsten Monaten mit der Einreise einer weiterhin hohen Anzahl an Schutzsuchenden nach Europa zu rechnen ist. Aufgrund der starken Einreise im Jahr 2015 sind zentrale Einrichtungen der öffentlichen Ordnung bereits zum jetzigen Zeitpunkt angespannt. Diese Lage wird sich selbst bei einem Rückgang an Asylanträgen in den kommenden Monaten nicht innerhalb kurzer Zeit stabilisieren, weshalb auch in Hinkunft mit weiteren Auswirkungen auf die öffentlichen Einrichtungen zu rechnen ist.

Die starken Migrationsbewegungen des Jahres 2015 hat deutlich gezeigt, dass sich Österreich mit einer in der Zweiten Republik noch nie dagewesenen Anspannung aller seiner öffentlichen Einrichtungen zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Auf­nahme und Integration Fremder konfrontiert sieht. Der hohe Anstieg an Asylver­fahren sowie die Versorgung und Unterbringung der Schutzsuchenden stellte Öster­reich angesichts der Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit der Ereignisse vor enorme Herausforderungen. Unter Einsatz größter Anstrengungen und auf Grund der Bereit­schaft zu Solidarität war Österreich einer der wenigen EU-Mitgliedstaaten, welche dazu beitrugen, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. So zeigte sich außer Österreich nur Deutschland und Schweden in vergleichbarer Weise aufnah­mebereit. Seitens Schweden wurden jedoch aufgrund der besonderen Belastung schon im Dezember 2015 Maßnahmen ergriffen, um eine massive Reduktion der Zahl an Schutzsuchenden zu erwirken, was begünstigt durch die geographische Lage Schwedens auch deutlich Wirkung zeigte. So wurden in Schweden Anfang 2016 nur etwa halb so viele Asylanträge registriert wie in Österreich. Auch in Deutschland wurden Maßnahmen ergriffen, wie die Einführung von Tageskontingenten bei der Übernahme von Schutz­suchenden, die eine Reduktion der Zahl an Asylanträgen erwir­ken sollten und eine steigende Zahl von Asylanträgen in Österreich zumindest mit bewirkt haben.

Aufgrund der mit dieser Krise verbundenen Belastungen ist das österreichische Asyl- und Aufnahmesystem an seine Grenzen gestoßen. Die Auswirkungen der Migrations­krise des Jahres 2015 werden noch über viele Jahre hinweg zu spüren sein. Aus der Asylstatistik des BMI ergibt sich, dass im Jahr 2015 in Österreich rund 89.000 Anträge auf internationalen Schutz registriert wurden. Dies entspricht einem Anstieg von 214% oder mehr als einer Verdreifachung gegenüber dem Jahr 2014. Ein überdurch­schnittlicher Zuwachs bei den Asylantragszahlen zeichnete sich bereits im Jahr 2014 ab, als mit 28.000 Asylanträgen um 60% mehr als im Jahr 2013 gestellt wurden.

Der EU-Vergleich zeigt, dass Österreich in den letzten zehn Jahren nicht nur bei der Pro-Kopf-Quote einer der meist belasteten Mitgliedstaaten war, sondern nun auch bei den absoluten Zahlen im europäischen Spitzenfeld liegt. Während sich Österreich bei den Gesamtasylantragszahlen im Jahr 2015 hinter Deutschland, Schweden und Ungarn – und vor Ländern wie Großbritannien, Frankreich, Italien oder Griechenland – an vierter Stelle befand, belegte es bei der Pro-Kopf-Quote pro 100.000 Einwohner nach Ungarn und Schweden sogar den dritten Platz (Quelle: Eurostat-Statistik). Allein


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