Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 145

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Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, BGBl. I 120/2015, wurde dem BMI das sogenannte Durchgriffsrecht eingeräumt. Das Durchgriffsrecht sieht die Möglichkeit vor, die Nutzung und den Umbau von bestehenden Bauwerken oder die Aufstellung beweglicher Wohneinheiten auf Grundstücken, die im Eigentum des Bun­des oder diesem zur Verfügung stehen, ohne vorheriges Verfahren mit Bescheid vorläufig anzuordnen. Es soll daher insbesondere der Schaffung von dringend erforder­lichen und angemessenen Wohnraum für hilfs- und schutzbedürftige Fremde dienen, zumal der Bescheid auch die nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften vorge­sehenen Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen ersetzt. In Anbetracht der dadurch bewirkten erheblichen Eingriffe in die Gemeindeautonomie sowie Nachbar­rechte bzw. des Entfalls von Beschwerdemöglichkeiten erfolgte die Erlassung des BVG – welches mit Ende des Jahres 2018 außer Kraft treten wird – unter der weitest gehenden Ausreizung des verfassungsrechtlichen Spielraums.

Selbst wenn das Durchgriffsrecht die Schaffung neuer Betreuungseinrichtungen des Bundes unterstützt, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass vor dem Hintergrund der Zuständigkeiten der Grundversorgungsvereinbarung gem. Art. 15a B-VG insbesondere auch die Länder gefordert sind eine entsprechende Anzahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen. Die letzten herausfordernden Monate haben allerdings gezeigt, dass die Bundesländer dieser Aufgabe nicht immer ausreichend gewachsen waren und auch die von ihnen beauftragten humanitären, kirchlichen und privaten Einrichtungen an ihre Grenzen stießen. Die daraus resultierenden man­gelnden Übernahmen aus den Betreuungsplätzen des Bundes führten dazu, dass der Bund wiederholt – bislang insgesamt 13 Mal (Stand: 1. April 2016) – von dem soge­nannten Durchgriffsrechts Gebrauch machen musste. Die gänzliche Verhinderung einer temporären Obdachlosigkeit der Asylantragsteller ist trotzdem nicht gelungen.

Eine weitere Herausforderung bei der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten stellt der Mangel an adäquaten und angemessenen Quartierangeboten dar. Im Som­mer 2015 wurde im Hinblick auf die angespannte Unterbringungssituation und auf Grund der enormen Migrationsbewegungen im BMI eine 24-Stunden-„Quartierhotline“ eingerichtet, über die dem BMI bis dato mehr als 1.500 Objekte und Liegenschaften zur Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden angeboten wurden. Mehr als 2/3 der Quartierangebote mussten nach eingehender Prüfung jedoch negativ bewertet werden. Die Gründe dafür waren einerseits auf den desolaten Zustand vieler angebotener Objekte sowie finanzielle Rahmenbedingungen und andererseits auf die (zu geringe) Größe der Quartiere zurückzuführen. Ebenso spielte die mangelnde Eignung eines Großteils der Objekte für die beabsichtigten Zwecke, beispielsweise für die Einrichtung als Sonderbetreuungsstelle für unbegleitete minderjährige Fremde bzw. Personen mit besonderen Bedürfnissen, eine tragende Rolle, weshalb die ange­botenen Quartiere seitens des BMI abgelehnt werden mussten. Die Quartierangebote, die über die „Quartierhotline“ des BMI einlangten, gingen bereits gegen Ende des Jahres 2015 drastisch zurück. Es ist daher davon auszugehen, dass das Angebot an leerstehenden Objekten im Eigentum von Privatanbietern nahezu erschöpft ist.

Berücksichtigt werden muss auch, dass die Schaffung von angemessenem Wohnraum einer entsprechenden Vorlaufzeit bedarf und vor dem Hintergrund schwankender Asylantragszahlen schwer planbar ist. Bei einem erneuten gewaltigen Zustrom an Schutzsuchenden wie dem des Jahres 2015 müsste daher primär auf Notunterkünfte – wie beispielsweise Zelte – zurückgegriffen werden. Für die Beschaffung von Zelten und Containern in übermäßiger Anzahl ist jedoch eine Vorlaufzeit von mehreren Monaten einzuplanen. Denn bereits das Jahr 2015 hat im Hinblick auf die Beschaffung von Con­tainern gezeigt, dass diese auf Grund der europaweiten Herausforderungen im Unter­bringungsbereich auf dem Markt nur erschwert verfügbar sind, zumal es europaweit nur eine begrenzte Anzahl von Anbietern gibt, die über ein großes Kontingent von


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