Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 169

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schen der Zivilgesellschaft, aber auch der Freiwilligen-Organisationen, der Polizei und des Innenministeriums dabei, es ist keine Frage, dass viele daran beteiligt waren. Aber ich finde es nicht schön, jetzt die Einwände der Menschen, die in Sorge sind, dass das Asylrecht komplett ausgehebelt wird, so darzustellen: Die Herrschaften regen sich halt auf. – Das nur vorneweg. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Inhaltlichen selbst: Es ist schon eine abenteuerliche Konstruktion, auf die Sie hier zurückgreifen. Das gilt auch für den Weg, den die Bundesregierung, insbesondere die Spitze der Regierung, Bundeskanzler und Vizekanzler, die letzten Monate gegangen ist. Letztes Jahr war die Vorgangsweise noch sehr vernünftig (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Letztes Jahr war noch nicht vernünftig! Was war da so vernünftig?), als man versucht hat, auf europäischer Ebene auf eine Lösung zu drängen.

Es wird nur eine Lösung auf europäischer Ebene geben (Abg. Darmann: Ihr glaubt das auch noch immer!), denn das Problem ist ja nicht, dass Menschen an der Grenze stehen, sondern das Problem ist, dass in Syrien die Friedensverhandlungen wieder dramatisch ins Stocken geraten sind. (Abg. Darmann: Ihr redet immer nur von Syrern!) Ich denke auch, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen morgen noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen wird, dass das Flüchtlingshilfswerk der UNO chronisch unterfinanziert ist, und dass es auch deutlich mehr Mittel in der internationalen Arbeit brauchen wird.

Sie reduzieren jetzt das Problem darauf, dass man die Grenzen dichtmachen muss, und das ist aus unserer Sicht nicht zielführend, sondern Sie sollten das Problem schon ein bisschen gesamthafter angehen. (Abg. Darmann: In der Region soll geholfen werden!) Das heißt: Friedensverhandlungen fortsetzen, auch eine deutliche Dotierung des UNHCR – da waren Sie immer dagegen. Sie waren auch immer dagegen, die Entwicklungszusammenarbeit aufzustocken, es gibt keinen einzigen Antrag im Parla­ment zu diesem Thema, dem Sie jemals zugestimmt haben. Deswegen ist das schon ein bisschen – unter Anführungszeichen – „nicht ganz ehrlich“. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Es war einstimmig! Aber erzählen Sie, was Sie wollen!)

Zum Kern des Gesetzes: Die Fiktion ist, dass wir uns in einem Notzustand befinden, das heißt, der Bestand des Staates muss gefährdet sein – so heißt es in den erläu­ternden Bemerkungen zum europäischen Vertrag, zum Unionsvertrag. Mit dieser Fiktion hebeln Sie Sekundärrechte der Europäischen Union aus.

Das wäre ungefähr so – ich sage es ein bisschen einfacher –: Ganz viele Menschen, die eine Gesundheitsversorgung brauchen, sind in den österreichischen Kranken­häusern. Deswegen ruft man den Notstand aus und sperrt die Krankenhäuser einfach zu. (Zwischenruf des Abg. Hammer.– Ja, das ist genau dasselbe, das ist genau die Fiktion, die Sie hier aufzeigen! (Beifall bei den Grünen.)

Oder es sind zu viele Kinder für den Kindergarten oder für die Volksschule: Da es zu viele sind, rufen wir den Notstand aus und sperren die Volksschule oder den Kinder­garten. Diese Fiktion ist schon sehr abenteuerlich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, das ist juristisch zu 100 Prozent wasserdicht! Befassen Sie sich einmal mit dem, was Sie da tatsächlich beschließen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie hebeln mit dieser Notverordnung das Asylrecht komplett aus. Es gibt im Wesent­lichen kein Recht mehr auf ein Asylverfahren.

Ich weiß nicht, wie das in der Praxis funktionieren wird. An der Grenze werden Polizisten, Polizistinnen ein kurzes Gespräch mit den jeweiligen schutzsuchenden Menschen führen, egal ob das Kinder oder Jugendliche oder Erwachsene sind. Es stimmt nämlich nicht, was in den Medien berichtet worden ist, dass minderjährige unbegleitete Flüchtlinge vom Notfallregime ausgenommen sind. Das stimmt nicht! Sie


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