Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 170

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werden nur bevorzugt behandelt. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) Das heißt, dass man sie nicht zwei Wochen festhalten darf, sondern dass sie bevorzugt behandelt werden. Das heißt, dass sie bevorzugt abgeschoben werden, weil an der Grenze kein Asylverfahren mehr durchgeführt wird. Sorry, das ist die Wahrheit! Setzen Sie sich mit dem einmal ernsthaft auseinander!

Das ist der alte Schmäh in der Bundesregierung: Man präsentiert 100 Verschärfungen, die SPÖ ist unter Druck, hat eine parteiinterne Diskussion. (Abg. Darmann: … vielleicht gar nie gehabt?) Dann werden zwei minimale Entschärfungen, von denen man gar nicht sagen kann, dass man sie ohne Lupe überhaupt erkennen kann, durchgeführt. Und dann stimmt man de facto der Aushebelung des Asylrechts in Österreich zu. Das tun Sie heute, es tut mir leid.

Die Verordnung – okay, ja, die darf jetzt dreimal verlängert werden – gilt nur mehr sechs Monate, darf dreimal verlängert werden, sie ist de facto ein Blankoscheck für zwei Jahre. Ja, das ist die Wahrheit. Was hilft das?

Das echte Problem ist die Aushebelung der Verfassung, von Grundrechten. Und ich meine: Lesen Sie sich die Stellungnahmen durch, die kommen nicht nur vom UNHCR oder vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte, es sind über 50 Stellung­nahmen. In fast allen kommt ein Punkt vor, nämlich der Verstoß gegen Unionsrecht und gegen die Bundesverfassung. Das sagen die Richtervereinigung, der Österreichi­sche Rechtsanwaltsverein der österreichischen Rechtsanwältinnen und Rechtsan­wälte, aber auch die Stadt Wien.

Die Stadt Wien sagt in aller Deutlichkeit in ihrer Stellungnahme, dass mangelndes Engagement in vielen Bereichen noch keine Ausrufung des Notstands rechtfertigt. Das ist genau mein Beispiel: Mangelndes Engagement bei der Gesundheitsversorgung rechtfertigt nicht, dass man die Krankenhäuser zusperrt. Genau das sagt die Stadt Wien: Das widerspricht dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes, unions-recht­lichen Vorgaben et cetera, et cetera. – Sie haben das sicher alles gelesen.

Sie übernehmen heute mit diesem Beschluss schon eine große Verantwortung. Dieses Gesetz wird mit Sicherheit nicht halten, das sage ich Ihnen auch. Es wird Menschen geben, die sich beschweren werden. Der Verfassungsgerichtshof wird Teile dieses Gesetzes wieder aufheben – dieser Gesetzesänderung, um präzise zu sein.

Ich weiß nicht, wozu das eigentlich notwendig ist. Machen wir gemeinsam einen Vorstoß auf europäischer Ebene, anstatt: Grenzen dicht, Schotten runter, Grenzbalken runter, dann ist das Problem schon gelöst. So wird das Problem nicht lösbar sein! (Beifall bei den Grünen.)

Denken wir ein bisschen europäischer, auch wieder in Richtung Sozialdemokratie, und machen wir es vor allem nicht auf dem Rücken von Schutzsuchenden!

Noch einen letzten Satz: Mich hat das mit den Kindern und Jugendlichen schon sehr geärgert. Nur hineinzuschreiben, das Kindeswohl muss berücksichtigt sein, heißt nicht, dass es einem einzigen Jugendlichen oder Kind an irgendeiner Grenze in irgendeiner Form besser geht. Die werden rückgeschoben, egal, ob sie eine Begleitung haben oder nicht. Ich sage Ihnen auch als Mutter von zwei Kindern: Das finde ich echt schlimm! (Beifall bei den Grünen.)

14.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Otto, da musst was aufklären! – Abg. Pendl – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es ist nicht immer leicht! – Abg. Glawischnig-Piesczek: Stimmt, ist nicht leicht, so einem Gesetz zuzustimmen, ein wahres Wort!)

 


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