Der zweite Punkt, über den wir hier diskutieren, ist die ursprünglich angedachte Zusammenlegung des Bezirksgerichts Purkersdorf und des Bezirksgerichts Hietzing zu einem, nämlich in Hietzing. Ich habe im Ausschuss bereits gesagt, dass ich mir die Zustimmung vorbehalte, und mittlerweile stehe ich als Kontraredner hier, weil wir weiterhin nicht zustimmen werden. Es geht mir dabei gar nicht groß darum, ob das BG Purkersdorf und das BG Hietzing zusammengelegt werden sollten, sondern in erster Linie geht es mir um die Geschichte dahinter. Diese sollte man sich vielleicht noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, weil sie sehr klar widerspiegelt, wie die Regierungsparteien einerseits mit an und für sich sinnvollen Maßnahmen, die budgetär sinnvoll wirksam werden könnten, wenn man Bezirksgerichte zusammenlegt, und andererseits mit der österreichischen Bundesverfassung umgehen.
Man hat sich im Rahmen der Verwaltungsreform überlegt, entsprechende Bezirksgerichte in Österreich zusammenzulegen, weil es ursprünglich noch eine Bestimmung aus der Monarchie gab, dass man innerhalb von einem Tag mit einem Pferdewagen ein Bezirksgericht erreichen können muss. Jetzt hat man bemerkt, ungefähr hundert Jahre später, dass das nicht mehr zeitgemäß ist und dass man dementsprechend ohne Weiteres Bezirksgerichte zusammenlegen kann. Das ist eine sinnvolle Maßnahme, und das kann jedenfalls auch sehr viel Geld sparen.
Nur hat man damals darauf vergessen, dass es ein Gesetz, eine Verfassungsbestimmung gibt, die ein sogenanntes Schneideverbot vorsieht, durch das sich Bezirksgrenzen und Gerichtssprengel nicht schneiden dürfen. Das hat man damals ignoriert. Die damalige Justizministerin Karl hat sich angeblich eine Stellungnahme über den Verfassungsdienst eingeholt. Wir haben damals nachgefragt, ob es jemals eine Stellungnahme gab. Der Verfassungsdienst hat geantwortet, dass es keine gab. Das heißt, dass eigentlich jeder hätte sehen können, dass das klar verfassungswidrig ist, weil diese Übergangsbestimmung aus dem Jahr 1920 klar vorgesehen hat, dass es dieses „Schneideverbot“ gibt, und weil man dementsprechend Gerichtssprengel nicht einfach zusammenlegen kann, sie sich jedenfalls nicht mit Bezirksgrenzen schneiden dürfen.
Damals hätte man sich einfach nur eine Verfassungsmehrheit suchen müssen, und ich glaube, dass ein Großteil der Abgeordneten dieses Hauses dem auch zugestimmt hätte, weil es natürlich nicht nachvollziehbar ist, warum wir immer noch davon ausgehen, dass man innerhalb eines Tages mit einem Pferdewagen beim Bezirksgericht sein können muss. Das hat man aber nicht getan, und man hat es einfach gemacht. Dann ist ein Richter vom Bezirksgericht Enns, das geschlossen wurde, dagegen vorgegangen, hat das vor den Verfassungsgerichtshof gebracht und natürlich auch recht bekommen, da es ganz klar war, dass man so etwas nicht machen kann.
Man hat sich dann eine Verfassungsmehrheit hier im Haus gesucht, um da nicht ein riesiges Problem entstehen zu lassen, insofern, als alle Entscheidungen von den entsprechenden Gerichten dann wahrscheinlich nichtig gewesen wären. Es hat dann natürlich eine Zweidrittelmehrheit bereitwillig zugestimmt, da es sinnvoll ist, dass man Bezirksgerichte zusammenlegt, und da es im 21. Jahrhundert dementsprechend klar sein muss, dass man nicht so viele braucht. Man muss eben nur das Gesetz und die entsprechende Verfassungsbestimmung schon im Vorhinein entsprechend anpassen. Wir haben dem zugestimmt, und ich halte es auch immer noch für sinnvoll, dass man Bezirksgerichte zusammenlegt. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum wir dieser Zurücknahme der Zusammenlegung des BG Purkersdorf und des BG Hietzing nicht zustimmen werden.
Es ist grundsätzlich budgetär sinnvoll, wenn man Bezirksgerichte zusammenlegt und wenn das gut geht – und in dem Fall wäre es eine sinnvolle Lösung. Darauf hat man sich ursprünglich auch geeinigt. Jetzt hat man sich gedacht: Man will das nicht mehr.
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